Wie ein Vorfall in Aachen unseren Klartext mit einer Kommentarflut überzog

Mittags, am  8.5.2012, wunderte man sich in der Redaktion: etwa 700 Seitenaufrufe an einem Tag; unsere Schülerzeitung als DIE Anlaufstelle für News im Netz? Alle Achtung – zwar sind wir gut, aber tatsächlich so gut? Doch eines machte uns stutzig: 36 neue Kommentare bzgl. des Amokalarms vom 15.2. – mit z.T. sehr beleidigenden Äußerungen bezogen auf unsere Schule. Was war geschehen?

Es kostete uns etwas Mühe, um die Geschehnisse zu rekonstruieren:

Es war einmal vor einiger Zeit, da verdonnerte das Amtsgericht Aachen einen Schüler zu mehreren Stunden Sozialarbeit , weil der auf  Facebook nach nicht ernst gemeinten Freundschaftsanfragen sinngemäß geschrieben hatte: „Wenn ich sehe, dass Leute, die ich nicht leiden kann, mir auf Facebook Freundschaftsanfragen stellen , könnte ich gerade Amok laufen.“ (Wir erinnern uns: In Neustadt hatte am 15.2.  ein Schüler über Facebook eine Drohung gepostet)

Auf diversen Foren wie  bei „golem“ oder „board.gulli“ entbrannte eine hitzige Debatte über die Angemessenheit dieser Strafe. Und weil das Netz so informativ ist, fand man auch gleich die passende Adresse zum Nachlesen – ihr ahnt es schon: unsere Schülerzeitung. Gleich wurde in diesen Foren die Quelle  als Link gesetzt – und brachte alles ins Rollen… Ganz viele posteten auf unserer Seite: Der Junge habe das nicht verdient, die Schüler, alles potentielle Mobber, ja die ganze Schule inklusive Lehrer seien  Schuld und müssten vor Gericht.

Was man dem Forenmitglied, das den Link postete, zugute halten kann, ist die Tatsache, dass es in Aachen eine Käthe-Kollwitz-Schule gibt. Allerdings wurde in den Nachrichten diese Schule wohl nicht erwähnt, des Weiteren wäre es sinnvoller gewesen, sich erst einmal das Impressum (Ort!) und das Datum unserer Nachricht (!) anzuschauen. Wir vermuten, dass der Urheber des Posts garnicht recherchiert hat. Wie wir darauf kommen?
Gibt man die Begriffe „Amokalarm facebook“  bei google.de ein (Stand: 12.5.2012), so landet man … auf unserer Seite.

Was hier nur ein Beispiel ist, hat Auswirkungen

Wir sind es gewohnt, Informationen über Google, Bing und Co. in Sekundenschnelle zu bekommen: ob Testberichte zum neuen Computerspiel, ob Bilder auf Facebook, ob neue Apps fürs Handy oder ausgearbeitete Referate. Zwar gibt es die berühmte erweiterte Google-Suche, aber wer macht sich schon die Mühe? Referate über Weltreligionen? Klaro: Bei „google“ einfach mal  „Scientology“ eingetippt und die ersten drei Links konsultiert; Moment: die ersten drei? Ach was, der erste, der nicht von Wikipedia stammt, muss reichen, denn die Lehrerschaft kommt ja nur bis Wikipedia, so die Meinung vieler. So äußert sich jedenfalls ein Lehrer, der sich über ein „schönes“ Poster aus einer 9. Klasse zum Thema „Scientology“ wunderte, das im Klassensaal hing, Scientology als DIE Weltreligion darstellte und als Quelle …. Scientology angab.
Was durchaus übertrieben erscheint, ist aber nur die Spitze des Eisberges: Mal unter uns: Wer grenzt tatsächlich Suchergebnisse mit „or“, „-„, „define:“  und all den anderen kryptischen Befehlen ein? Wer sucht zu Referaten auf angemessenen Seiten, anstatt die zwanzig Seiten lange Definition auf Uniniveau von Wikipedia auszudrucken?
Hätte der Forenbenutzer nach „Amokalarm + facebook + Aachen“ gesucht, wäre er nicht bei uns gelandet. Im Zweifel hätte man auch ins Impressum schauen können – aber das kostet doch wieder Zeit, die man in der „schnellebigen Informationswelt“, in der das feedback sofort kommen muss, nicht hat.

Die Redaktion wird sich –  angestoßen durch den Vorfall –  noch einmal genauer mit dem Thema (How to zur Interentrecherche) beschäftigen.

Übrigens: Auf den Foren haben wir das Ganze richtiggestellt, aber vergebens; ein User schrieb eine halbe Stunde  später – wohl ohne bei uns nachzulesen: „Tja, aber auch bei euch trifft es zu.“  Kein Kommentar…

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