Das Schicksal von Duncan MacPhersons

Als ich leztes jahr in Stubaital in Österreich fuhr, hatte ich noch keine Ahnung, was sich vor knapp 30 Jahren dort ereignete. Schließlich habe ich mich entschlossen diesen Artikel zu schreieben, um dem Schicksal eines Eishockeyspielers nachzugehen. Duncan Alvin MacPherson (3.02.1966 – 9.08.1989) war ein professioneller Eishockeyspieler aus Kanada. Er starb unter mysteriösen Umständen während einem Skiurlaub in Österreich.

MacPherson wurde am 3. Februar 1966 in Saskatoon (Kanada) geboren. Dort trat er im Jahr 1986 seine Eishockey-Karriere an. Er spielte für die kanadischen Mannschaften Springfield Indians und Indianopolis Ice. Allerdings  schaffte es MacPherson wegen vieler Verletzungen nicht in die Hockey Nationalmannschaft in Kanada, aber er hatte die Intention als Eishockeycoach für die Semi-Nationalmannschaft in  Dundee, Schottland im August 1989 anzutreten. Sobald er die Zusage hatte, flog er alleine nach Österreich, um einen alten Freund  zu besuchen.

Er hätte am  12. August in Dundee ankommen müssen. Als er sich wochenlang weder in Dundee noch bei seinen Eltern meldete, begannen seine Eltern nach ihm zu suchen. Am 27. August 2000 flogen sie mit selbst gedruckten Steckbriefen nach Österreich, wo man ihren Sohn zuletzt gesehen hatte. Sie fuhren mit einem gemieteten Wagen durch Österreich, Italien und durch die Schweiz. Trotz der internationalen Fahndung wussten viele Polizeireviere nichts von Duncan. Dies ließ die Eltern an der Gründlichkeit der Polizeiarbeit zweifeln. Sie beschlossen sich selbst auf die Suche nach ihrem Sohn zu machen. Sechs Wochen später fanden sie Duncans Wagen verlassen auf dem Parkplatz vor der Gondelstation des Stubaigletschers in der Nähe von Innsbruck. 42 tage lang stand das Auto dort, ohne dass irgendwer es bemerkt hatte. Wie konnte sowas passieren?

Schnell bekamen sie mit, dass ihr Sohn Snowboard Unterricht bei Walter Hinterhölzl genommen hatte. Von ihm erfuhren die MacPhersons, dass Duncan noch am 9. August bei ihm Unterricht auf dem Schaufelferner Gletscher genommen und am Nachmittag alleine weitergeübt hatte.

Sie erkundigten sich, ob Duncan seine Snowboard-Ausrüstung im SKI-Shop zurückgegeben hatte. Dort wurde ihnen gesagt, dass kein Snowboard fehle und Duncan mit der Gondel in Richtung Tal gefahren sei. Fraglich ist, wieso sein Auto nie abgeholt wurde  und es keiner gemeldet hatte. Und hatte er es so eilig, dass er vergessen hatte, sein T-Shirt, das er bei Hinterhölzl im Büro zum trocknen aufgehängt hatte, mitzunehmen? Das wichtigste ist aber, wieso keiner Verdacht geschöpft hatte, dass etwas passiert sein könnte. Duncan ist schließlich nicht der einzige, der auf dem Stubaiergletscher verschwunden ist.

Bob und Lynda zog es in den nächsten 14 Jahren, in  denen ihr Sohn verschwunden blieb, immer wieder auf den Gletscher. Bald hatten sie ihr Geld, das sie im Alter gespart hatten, aufgebraucht, aber dies hinderte sie nicht daran weiter nach ihrem geliebten Sohn zu suchen. In einem Interview sagt sie: „In den 14 Jahren, die wir nach Duncan gesucht haben, begann die Diskussion um globale Erderwärmung. Für mich konnte sich die Erde gar nicht schnell genug erwärmen. Ich hätte am liebsten einen Gasbrenner genommen und den ganzen Gletscher weggeschmolzen, weil ich wusste, dass mein Sohn darin liegt.“

Am 18. Juli 2003 geschah es. Duncan McPherson schmolz aus dem Eis. Es war ein schöner Tag und die heißeste Sommerzeit des Jahrzehntes in Tirol. Während Wanderer unterwegs waren und sich in den Hütten abkühlten, in denen vielleicht auch Duncan vor 14 Jahren gewesen war, schmolz die Sonne den Leichnam des mitlerweile 37. jährigen Jungens aus dem Schnee. Ein Arbeiter des Gletscherteams bemerkte einen gelben Stofffetzen, der aus dem Eis des Schaufelferner Gletschers ragte und informierte die Polizei. Gegen 17 Uhr landete ein Helikopter auf der Skipiste und fotografierte die Fundstelle des toten Eishockeyspielers.  Mit einem Auftrag hackten Arbeiter des Gletscherteams die Körperteile des Leichnames aus dem Eis und stopften sie in Plastiksäcke. Diese wurden ins Tal gebracht. Kurz darauf erkannte man, wer der Leichnam war. Die Eltern von Duncan sind entsetzt: „Keine Polizeibeamten, kein Leichenbeschauer – nur ein paar Bauarbeiter, die ihn wie ein überfahrenes Tier von der Piste geklaubt und in einen Sack geschmissen haben. Bedauerlicherweise erfuhren seine Eltern nicht durch gründliche Ermittlungen  der österreichischen Behörde, sondern durch die Erderwärmung und durch den amerikanischen Schriftsteller John Leak in Wien, der ein Buch über den mysteriösen Tod ihres Sohn verfasst hat. (Cold a long time (eng.) – Eine lange Zeit kalt)

Nach langen Diskussionen mit den Behörden bekamen Duncans Eltern das Ermittlungsschreiben. Sie erfuhren, dass man Duncans Snowboard neben ihm gefunden hat und er es nicht im SKI-Shop wie behauptet abgegeben hat. Bob und Lynda finden heraus, dass er seinen angeblich als Pfand im SKI-Shop abgegebenen Führerschein nicht bei sich trug. Seine Schuhe und andere Gegenstände im Spint des Shops müssen daher, mitsamt seines Führerscheins entsorgt worden sein. Schnell ist ihnen bewusst, dass die Polizei keineswegs gründlich ermittelt hat. In der Gletscherspalte, in der ihr Sohn 14 Jahre verschwunden war, finden sie Knochenreste und Teile von seinem Snowboard. Zwei Dinge sind klar: Duncan kann unmöglich in der 3 Meter tiefen Gletscherspalte, die keine 20 Meter vom Sessellift entfernt ist, gestürzt und gestorben sein und die Behörden haben 14 Jahre lang versucht die Tod Duncans zu vertuschen.

John Leak erfährt, dass Duncans Kopf abgetrennt wurde und sein linkes Bein vollkommen versplittert ist.  Damit ist eines klar: Duncan MacPherson wurde von einer Pistenraupe am 9. August auf der Piste überfahren. Wegen schlechter Sicht hat der Fahrer Duncan nicht gesehen. Als er erkannte, dass es keine Zeigen gab, schob er ihn in die Gletscherspalte und überdeckte seinen Leichnam mit Neuschnee. Der Fahrer macht keine Aussagen zum Tatbestand. Da der Totschlag bereits verjährt ist und keine genaueren Ermittlungen gemacht wurden, wird er nicht zur Rechenschafft gezogen. Ein riesiger Schock für Duncans Eltern. Es vergehe kein Tag, an dem sie nicht an ihn denken, sagt Lynda in einem Telefonat.

Wieso die Behörden die Ermittlungen eingestellt, die Beweismaterialien unterschlagen und wieso sie Duncans Eltern nicht Bescheid gegeben haben sind Geheimnisse, die die MacPhersons nie Erfahren werden. Der Einzige, der ihnen den tragischen Tod von Duncan erklären könnte, ist der, der ihn 1998 überfahren und ihn in einer Gletscherspalte versteckt hatte. Aberdieser lebt nach seiner Frührente glücklich in einer Pension im Tal.

Johanna S.(10)

 http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/38557/Eisiges-Schweigen

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