Debatte

Von zertretenen Kerzen

Die Stolpersteine kurz nach der Verlegung (Foto: WAG)

Am 10.11. tauchten vor unserer Schule eine weiße Rose und eine Grabkerze auf den neu eingesetzten Stolpersteinen auf. Sie waren am Abend zuvor von einer Aktion der Omas gegen Rechts, EJN und Weinstraßen Antifa dort abgelegt worden, um wie jedes Jahr den jüdischen Opfern des NS-Regimes zu gedenken. Schon am nächsten Tag war die Rose geköpft, das Äußere der Kerze lag in Splittern herum und das Wachs hatte sich auf die Stolpersteine und den umgebenden Asphalt gedrückt. Aber das sollte man nicht so ernst nehmen, es waren bestimmt nur unachtsame Schüler, darauf sollte man keine Aufmerksamkeit lenken, oder?

Auf den 9.11. fallen viele historische Termine. Der ausschlaggebendste für Deutschland ist und bleibt jedoch die Reichspogromnacht, der Tag, an dem in ganz Deutschland jüdische Mitbürger ausgeraubt und misshandelt, ihre Institutionen, Häuser und Geschäfte beschädigt und in Brand gesetzt wurden. Dies geschah im Zuge des Nationalsozialismus und dessen Auswirkungen sind in deutscher Selbstwahrnehmung und Politik bis heute zu spüren.

Trotz der vielen öffentlichen Veranstaltungen und den normalen Mitteilungen in den Nachrichten kann man nicht behaupten, dass dieser Gedenktag der Öffentlichkeit aufgedrückt wird. Vielmehr setzen sich engagierte Organisation jedes Jahr ein, um auf den Tag aufmerksam zu machen. So wird auch in Neustadt jedes Jahr von den Omas gegen rechts, der EJN und der Weinstraßen Antifa, die Stolpersteinaktion durchgeführt, in der die städtischen Stolpersteine geputzt und mit Rosen und Grabkerzen geschmückt werden. Doch schon in den letzten Jahren kam es vermehrt zu Diebstählen und Beschädigungen.

Ich persönlich kann nicht verstehen, warum jemand eine Grabkerze beschädigen würde, insbesondere, wenn es die einzige ist, die für die entsprechende Person brennt. Denn der Luxus eines Grabes bleibt vielen, im Konzentrationslager umgekommenen Menschen verwehrt.

Und deshalb ist es gar nicht witzig, wenn vor unserer Schule, sei es durch zerstörungswütige Schüler oder durch Neonazis dasselbe passiert. Der Thematik muss gedacht und sie ernst genommen werden, insbesondere in den momentanen Zeiten ist das Thema relevanter denn je, etwa wenn es so scheint, als wollte eine gewisse „bürgernahe“ Partei versuchen, das Gedenken an den Tag mithilfe eines „Würstchen- und Glühweinstands“ zum Feiern des Mauerfalls in eine andere Richtung lenken.

Josepha W. (13. Jgs.)

Richtigstellung vom 11.12.204: Inzwischen ist klar, dass ein LKW über die Stolpersteine gefahren ist. Der LKW-Fahrer war u.a. von einer Schülerin beobachtet worden, den Vorfall hatte er
aber nicht der Schule gemeldet.

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