Schulleben

Todesstrafe für Richard Glossip – Nummer 156?

7. Januar 1994: In Oklahoma City wird ein Motelbesitzer erschlagen. Ein 19-jähriger, drogenabhängiger Gelegenheitsarbeiter gesteht die Tat, behauptet unter polizeilichem Druck, der Hotelmanager Richard Glossip habe ihn mit dem Mord beauftragt. Seinen Mithäftlingen soll er aber gesagt haben, Glossip habe nichts mit der Tat zu tun.

Schließlich bekommt der Mörder lebenslänglich, sein mutmaßlicher Auftraggeber Glossip wird im Jahr 1998 zum Tode verurteilt – der einzige ernstzunehmende Beweis dafür ist die Aussage eines Meth-Junkies und Mörders, der sein Leben retten wollte.
Dass er  damals dabei unter hohem Druck während der Verhöre seine Aussage mehrmals änderte, fand ein Juristenteam heraus, das die Verhöre vor kurzer Zeit nach Beweisen für Glossips Unschuld suchte. 2004 wurde der Fall neu aufgerollt, doch ohne Erfolg.

Am 16. September, also 17 Jahre nach der Tat (!) sollte er hingerichtet werden, letale Injektion, die Todesspritze, zu deutsch. Die wohl umstrittenste Art, einen Menschen zu töten, auch wenn sie für allgemein als ‚human‘ gilt. Von zirka 929 Hinrichtungen sind bisher 40 vermasselt worden, die Gefangenen werden bis zu 90 Minuten gequält, bis endlich der erlösende Tod eintritt. Dazu führen neue, experimentelle Giftstoffe und – vor allem – ungeübte Henker, die keine Venen erkennen, erst einmal eine halbe Stunde danach suchen und dann die Nadel mit den Giftstoffen laienhaft einstechen.

Doch nun ein Lichtblick: dem Antrag der Verteidigung, die Hinrichtung zu verschieben, um neue Beweise für seine Unschuldigkeit zu finden, wurde stattgegeben. Nun soll Glossip also erst am 30. September sterben, morgen, als einer der bisher 155 unschuldig vom Staat Ermordeten (?), wenn seine Verteidiger nicht neue Hinweise ausgraben. Mittlerweile hat er einige prominente Unterstützer gewonnen, darunter Susan Sarandon, Sister Helen Prejean (eine bekannte Gegnerin der Todesstrafe) und sogar den Papst. Sich für Glossip einsetzen kann jeder: Auf verschiedenen Seiten wie Amnesty International kann man eine Petition unterzeichnen. Ob das aber auch wirklich hilft oder vom Governor einfach ignoriert wird, weiß niemand. Die Chancen für eine kurzfristige Begnadigung Glossips stehen schlecht, er wird wohl Nummer 156 sein.

Doch was sagen eigentlich die Deutschen dazu?

Laut einer Studie der Uni Erlangen findet ein Viertel der angehenden Juristen in Deutschland die Todesstrafe für erforderlich. Sicherheit, das „Supergrundrecht“ (Zitat Gabriel), scheint auch vielen Deutschen wichtiger zu sein als ihre Freiheit, es scheint immer noch ein Hang zu drakonischen (Auge um Auge, Zahn um Zahn) Strafen zu geben.

Zum Vergleich: Bei einer Umfrage des Fernsehsenders NBC kam heraus: 59 % der US-Amerikaner befürworten die Todesstrafe, nur 35 % wollen sie abschaffen, die Zustimmung ist im Volk trotz vieler unschuldig Hingerichteten und der Verfassungswidrigkeit (8. Verfassungszusatz, Verbot ‚grausamer und unmenschlicher Strafen‘) immer noch sehr hoch.

Die Leute haben Angst vor Kriminalität, das ist ganz natürlich, aber bringt die Todesstrafe wirklich etwas? In Deutschland (keine Todesstrafe) kommen 0,8 Morde auf 100.000 Einwohner, in den USA (Todesstrafe in 32 Bundesstaaten, Stand 2014) sind es 4,7 Morde pro 100.000 Einwohner. Die tatsächliche Abschreckung und Senkung der Kriminalitätsrate, wie sie von Befürwortern immer gepriesen wird, hält sich also in Grenzen.

Doch wieso mussten dann allein in den Staaten seit 1977 etwa 1390 Menschen sterben – in manchen Fällen für Verbrechen, die sie womöglich nicht einmal begangen haben? Diese Frage bleibt offen und wird wohl noch einige Zeit offen bleiben.

Tilmann Koch (8)

Quellen zur weiteren Recherche:

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/todesstrafe-in-den-usa-der-umstrittene-fall-richard-glossip-a-1052943.html

http://kurier.at/politik/weltchronik/zum-tode-verurteilter-richard-glossip-bekommt-aufschub-keine-angst-vor-dem-tod/154.196.190

http://www.richardeglossip.com/

Richard Glossip

http://www.amnesty-todesstrafe.de/files/reader_todesstrafe-in-den-usa.pdfhttps://www.tagesschau.de/ausland/papst-383.html

http://www.welt.de/politik/deutschland/article134799279/Warum-jetzt-viele-Deutsche-die-Todesstrafe-fordern.html

 

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