Sonntagabend: Die Neustadter Stadt wirkt wie ausgestorben – würden nicht dutzende Kinder mit gezücktem Handy durch die Straßen rennen und kryptische Namen durch die Gegend brüllen. Eingeweihte wissen: Die Pokemon sind los.
Der Hype um Pokemon GO begann schon vor der eigentlichen Veröffentlichung der Mobile-App. Pokemon sind kleine Fabelwesen aus dem japanischen Videospieleuniversum, die vor allem durch die gleichnamige Videospielserie des Publishers Nintendo bekannt wurden. Erstmals erschienen die Pokemon 1996 für den Game Boy und haben bis heute treue bis nahezu fanatische Fans, sodass auch neue Serienableger noch sehr hohe Verkaufszahlen erzielen. Nun wagte man den Sprung aufs Smartphone:
Pokemon GO, ist kostenlos in Google Play erhältlich – und ein sogenanntes „augmented Reality“-Spiel. Das Spielprinzip ist simpel. Der Spieler läuft in seiner direkten Umgebung umher, deren Karte er direkt über GPS auf seinem Smartphone angezeigt bekommt und fängt virtuell dargestellte Wesen, die Pokèmon. Dabei ist das Ziel, den sogenannten Pokèdex, ein Lexikon, das alle Infos zu den gefangenen Pokèmon enthält, zu vervollständigen. Pokemon erhält man entweder durchs Fangen oder durch das Ausbrüten von Eiern. Pokemon erscheinen von Zeit zu zeit an zufälligen Orten und können dann gefangen werden. Um Eier zu erhalten, muss man sogenannten Pokestops aufsuchen, die sich an durch eine Software festgelegten Orten, meist Denkmälern oder Sehenswürdigkeiten, befinden. Hat man nun ein Ei erhalten, kann man es durch Herumlaufen ausbrüten, je nach Ei müssen zwischen 2 und 10 km zum Ausbrüten zurückgelegt werden.
Der Otto-Normal-Spieler sitzt zu Hause und vergnügt sich mit seinen Lieblingsspielen, der große Nachteil daran ist bloß, dass man sich an Rechner und Konsole nur wenig bewegt. Genau hier möchte man mit Pokemon GO ansetzen, der Spieler soll angespornt werden, sich nach draußen zu begeben, frische Luft zu schnappen und dabei Fortschritte im Spiel zu erzielen.
Doch hier findet sich auch schon das größte Problem der Augment-Reality-Spiele: Der Spieler läuft, durch die App geleitet, durch die Straßen. Dabei kann er sich aber nicht 100% auf sein Umfeld, und den, gerade in großen Städten starken, Straßenverkehr konzentrieren. So kommt es immer wieder vor, dass durch unaufmerksame Fußgänger und anderen Verkehrsteilnehmern am Handy, gefährliche Situationen entstehen und Menschen aus Hafenbecken oder ähnlichem gerettet werden müssen. Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass die Pokemon an allen möglichen Orten erscheinen können, was dazu führt, dass sich Spieler mitunter auch auf Privatgelände, in Kirchen, Friedhöfen oder ähnlich unangemessenen Zonen aufhalten. So wurden schon Pokemon GO Spieler im ehemaligen KZ Auschwitz, in einer Kirche in Jekaterinburg, Russland und auf Autobahnen gesichtet, selbst Wohnungseinbrüche wurden schon wegen der Pokemon begangen. In seltenen Fällen kam es auch vor, dass Kriminelle Opfer mittels Pokemon GO an abgelegene Orte gelockt und überfallen wurden.
Viele dieser Vorkommnisse sind weniger auf das Spiel als auf die Spieler zurückzuführen. Nintendo ergänzte zwar nach Erscheinen der App Sicherheitshinweise und gab bekannt, dass man bei zu schneller Fortbewegung ein gehemmtes Spielerlebnis ( vgl. Ausbrüten der Eier) haben könne, allerdings können diese Hinweise einfach durch die Spieler deaktiviert werden. Nun könnte man natürlich Nintendo auffordern, solche Einschränkungen zu verschärfen, aber letztendlich liegt die Verantwortung bei allen Pokemon-Fans, die trotz aller Begeisterung noch die Grenze zwischen Spiel und Realität erkennen müssen.
Unser Fazit: Nettes Spiel für Zwischendurch, dass bei normalem (!) Gebrauch auch der Gesundheit zugute kommen kann 😉
Lorenz K. (12).