Am 20.12. 2011 fand die alljährliche Diskussionsveranstaltung der „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ – AG statt. Im Hinblick auf die letztes Jahr bekanntgewordenen Gräultaten der „Zwickauer Terrorzelle“ ging es diesmal hauptsächlich um den Rechtsextremismus heute unter dem Motto: „Was ist Rechtsextremismus und was kann man dagegen tun?“ Ein Mitarbeiter des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, der auf diesen Bereich spezialisiert ist, gewährte den interessierten Schülerinnen und Schülern Einblicke und klärte über die gefährlichen Methoden der Rechtsextremen Szene, Mitläufer zu gewinnen, auf.
Dass die öffentliche Zurschaustellung eines Hakenkreuzes verboten ist und man sich mit dem Ausruf „Heil Hitler!“ strafbar macht, ist jedem klar, aber die NPD oder die „Jungen Nationalen“ (Nachwuchsorganisation der NPD) versuchen mit viel komplexeren Methoden neue Mitglieder zu finden. Sie versuchen Jugendliche zum Beispiel mit CD´s, auf denen sie ihre Ideologie transportieren, zu ködern und schüchtern Andersdenkende durch ein bedrohliches Erscheinen auf Rockfestivals oder „Anti-Rechts-Demos“ ein.
Gerade in der Musikszene, egal ob Hip-Hop, Rock oder Metal, versuchen Rechtsextreme die neue entstehenden und „angesagten“ Jugendkulturen zu infiltrieren. Wenn man nicht aufpasst, landet man im Internet schon einmal schnell auf der falschen Seite. Schockierend ist, dass Songs und Videos mit einer eindeutig rechten und ausländerfeindlichen Botschaft ohne Probleme abzuspielen sind. Oftmals wissen Jugendliche nicht, was sie da hören. Eine andere Methode, der sich die Rechten bedienen, sind spezielle Protestsongs, z.B. gegen die Außenpolitik der Vereinigten Staaten: Gerade die Kritik an den USA ist bei vielen in der Gesellschaft angesagt. Diese minimale Schnittelle kann gefährlich werden. Wenn man im Internet auf einen Protestsong stößt, ist dieser meist nicht mit expliziter rechter Propaganda gefüllt, aber es erscheinen weitere Links und Texte, die einen zu solchen Seiten weiterleiten. Auf der Internetseite Komplex kann man sich über gefährliche Seiten informieren und bekommt noch weitere Infos rund um das Thema.
Viele Rechte haben den Einstieg über die Musikszene gefunden. Natürlich wurden sie nicht durch einen Songs rechts, aber der Referent verweist auf die Wahlergebnisse der NPD. Gerade in den neuen Bundesländern erreichen sie Erfolge und sind sogar im Landtag in Sachen vertreten. Man muss nicht Mitglied sein, um mit den „rechten Ideen“ zu sympathisieren. Dies liefert den Nährboden, um die unterschwelligen Botschaften im Internet zu verbreiten und dadurch mehr Mitglieder zu gewinnen.
Bei Demonstrationen der NPD werden auch Songs von aktuellen erfolgreichen Bands wie Juli oder Silbermond missbraucht. Das Bild des gewalttätigen Skinheads hat sich gewandelt. Dies wurde verdeutlicht, als wir über die Merkmale und Erkennungszeichen von Rechtsextremen redeten.
Oftmals drücken Angehörige der rechten Szene ihre Verbundenheit mittels Tattoos aus, sie bedienen sich hier einer breiten Palette an nicht verbotenen Symbolen. Das Spinnennetz zum Beispiel steht für den starken Zusammenhalt und das keltische Symbol der „Schwarzen Sonne“ kann mit dem SS-Hauptquartier assoziiert werden. Da diese Zeichen aber den Gedankenschritt der Interpretation und des Verknüpfens brauchen und nicht sofort als rechtes Symbol einem ins Auge springen, sind solche Zeichen nicht verboten.
Heutzutage ist es aber auch schwer, einen autonomen Rechten, also einen Gewalttätigen, an der Kleidung zu erkennen. Ein rechtes Dogma ist: „Der Stärkere überlebt“, dies hat seine Wurzeln im Sozialdarwinismus. Daher gehen viele Rechte in „Muckibuden“ trainieren, um im „Kampf auf der Straße“ zu überleben. Welcher Kampf auf der Straße? Autonome gibt es sowohl im Rechten sowie im linken Lager, beide sehen in der Arbeit der Parteien keinen Fortschritt und sind der Meinung, dass sie etwas durch Aufmärsche und Demonstrationen auf der Straße bewegen können. Wenn die Lager aufeinandertreffen oder auch wenn Rechte auf andere Menschen treffen, die ihnen Einhalt gebieten wollen, auch die Polizei, endet dies oft in einer Schlägerei. Dies zeigt, wie gefährlich es im Umgang und Aufeinandertreffen mit Rechten werden kann.
Oft mischen sich rechte in schon vorhandene Subkulturen. Momentan geschieht dies beim „Black Metal“. Die schwarze Kleidung und die Rituale werden so für Rechtsextreme Propaganda genutzt. Die Metal-Szene muss dem entgegentreten und sich klar davon abgrenzen, um nicht von „Rechten übernommen“ zu werden. Auf vielen Festivals stellen Bands von Anfang an klar, dass sie damit nichts zu tun haben wollen, wie die meisten Besucher, und schaffen damit eine unbrechbare, andersdenkende Gemeinschaft. Die extremistischen Propagandaverbreiter finden kein Ohr mehr für ihre Botschaften.
Schüler berichteten auch von Erfahrungen bei dem Besuchen verschiedener Bars, wo von einer kleinen Gruppe rechtsextreme Parolen gerufen wurden und den anderen Besuchern Angst eingejagt wurde. In solchen Fällen, wenn Rechtsextreme eine Veranstaltung, Bar oder Party stürmen, riet uns der Experte, Platzverweise zu erteilen und im Notfall die Polizei zu rufen. Wenn die Unerwünschten nicht auf Gewalt aus sind, sondern ihre Ideologie verbreiten möchten, sollte man kontern und sie in Diskussionen verstricken, die sie bloßstellen und zeigen wie falsch ein so einseitiges Denken ist. Das Amt für Soziales, Jugend und Versorgung hat ein besonderes Auge auf die rechte Szene in der Pfalz. Sie beobachten Internetseiten, versuchen Gewalttaten zu vermeiden und stehen Veranstaltern als Berater zur Verfügung, um sich vor einem Besuch einer „Rechtsextremen Gruppe“ zu schützen.
Was passiert eigentlich, wenn man der rechten Szene verfällt? Der Referent zeichnete ein deutliches Bild. Das Leben wird nur noch vom Extremismus bestimmt! Der Freundeskreis denkt rechts und ist oft in denselben Gruppen und Bruderschaften aktiv. Es wird rechte Musik gehört, man hat seine Wohnung oder sogar den eigenen Körper mit rechten Symbolen versehen und in der Freizeit ist man auf rechten Demos oder Rockfestivals. Oft ist man sogar durch Szenefreunde an den Job gekommen. Dies alles ist oft ein Grund, warum Jugendliche ohne Schulabschluss und soziales Umfeld in solche Szenen abrutschen.
Das Amt für Soziales, Jugend und Versorgung unterstützt Projekte wie Rückwege. Dies versucht Jugendliche, die vor einer Szenekarriere stehen, zu unterstützen, z.B. eine Ausbildung zu ermöglichen und sie in Jugendtreffs zu integrieren und somit ihr Aktivwerden in der Szene zu verhindern.
Aber was passiert, wenn sich jemand aus der Szene zurückziehen möchte? Er würde quasi sein ganzes Leben aufgeben und den Unmut seiner alten „Freunde“ auf sich ziehen. Das Programm (R)AUSwege hilft bei diesen Schritten. Es gibt auch eine anonyme kostenlose Beratung per Telefon. Allerdings gibt es strenge Auflagen, sämtlicher Kontakt zu alten Bekannten wird verboten. Es beginnt quasi ein komplett neues Leben mit einem neuen Wohnort, sozialem Umfeld, Job etc.
Andere Projekte wie „Maps“ richten sich an Jugendliche. Sie unterstützen Projekte wie Songaufnahmen oder Filme rund um das Thema „Toleranz“ und Freundschaft.
Doch wie „rechts“ ist ein jeder von uns? Antisemitische „Stammtisch-Parolen“ und Sprichwörter wie z.B. „Dem kannste net trau´n, der is en Judd“ kommen nicht von der kleinen rechten Randgruppe, sondern sind auch heute noch in der Mitte der Gesellschaft zu finden, dies ist wissenschaftlich belegt. Dies sollte uns zum Denken anregen und animieren noch mehr gegen Rechtsextremismus zu tun und aktiv Toleranz und Demokratie zu leben! Rechte Propaganda in Parolen und Songtexten verbreiten sich dor,t wo man nicht mehr über das Gesagte und Publizierte nachdenkt, sondern es als Dogma akzeptiert und sich den Kopf mit braunen Ideologien füllen lässt.
Der Vortrag wurde durch viele kleine Diskussionen zu den spezifischen Themen nie langweilig und die Eindrücke und die Strategien rund um die Szene waren sehr interessant. Schockierend zu sehen war, wie groß die gesetzliche Grauzone ist und mit welch perfiden Methoden Rechte heutzutage arbeiten. In diesem Bericht konnten wir nur einen groben Überblick über die zahlreichen Themen schaffen; am besten solltet ihr bei der nächsten Veranstaltung der „SoR – SmC“ – AG selbst dabei sein oder im Internet unter www.komplex-rlp.de selbst nochmal etwas nachlesen.
Jonas-Luca König / MSS 12