Die demokratischen Prozesse in Schulen bilden das Fundament für die Beteiligung der Schülerschaft an wichtigen Entscheidungen und ermöglichen eine repräsentative Vertretung ihrer Interessen. Letzten Freitag fand am Käthe die Schülersprecherwahl statt. Die Wahl, die eigentlich den Übergang von Verantwortung und Führung symbolisieren sollte, entwickelte sich jedoch zu einer überraschenden Veranstaltung.
Eine denkwürdige Wahl
Im Vorfeld der Wahl war bereits klar, dass es keine weiteren Konkurrenten geben würde. Dies bedeutete, dass den Wählern lediglich die Möglichkeit gegeben war, entweder mit „Ja“ oder „Nein“ für Jenna Braun und Julius Rau zu stimmen; kurzum: die „Wahl“ glich eher einer Amtsbestätigung als einer richtigen demokratischen Wahl. Diese eingeschränkte Auswahlmöglichkeit rief vielleicht bei einigen Erinnerungen an vergangene Wahlen am Käthe hervor, insbesondere an die SV-Wahlen 2016/2017. Damals sorgte ein Schüler für Aufruhr, da er damals das Wahlsystem sowie das SV-Programm in Frage stellte. Die Wahl sei nicht demokratisch genug, da es nur eine Wahlmöglichkeit gebe; unsere Redaktion fügte damals ein Bild eines Wahlzettels aus der DDR bei, welcher ebenfalls nur eine Bestätigung der SED als eine Wahl war – Parallelen?
Stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch nötig ist, Wahlen abzuhalten, wenn es sowieso keine Konkurrenz gibt? Ist es nicht eher eine Formalität, die den demokratischen Prozess nur oberflächlich imitiert? Was würde passieren, wenn die Möglichkeit „Nein“ gewinnt? Würde dies den Wunsch der Schülerschaft nach Veränderung innerhalb der Schülervertretung signalisieren? Gäbe es dann überhaupt eine Schülervertretung oder einen Schülersprecher?
Diese hypothetische Frage wurde schließlich an besagtem Freitag beantwortet, denn statt wie üblich dem einizgen Wahlvorschlag zuzustimmen, hatte man diesen mit einer kleinen Stimmenmehrheit von zwei Stimmen abgelehnt. Ein Novum am Käthe, denn es ist nicht bekannt, dass zuvor jemals eine Ja-Nein-Entscheidung der SV- oder der Schülersprecherwahl abgelehnt wurde.
Eine spontane Entscheidung
Inmitten der Verwirrung und Unklarheit nach der Ablehnung des einzigen Kandidatenduos trat ein neues Duo in den Vordergrund: Giulio Wessa und Julius Rau. Das Duo wollte sich eigentlich als Konkurrenz zu dem bereits bestehenden Duo aus Jenna Braun und Julius Rau aufstellen lassen, verfehlte jedoch die Frist. Der spontane Einstieg führte jedoch zu ihrer Wahl als Schülersprecherduo, mit einer überlegenen Mehrheit von 37 Ja- zu sieben Nein-Stimmen. Doch halt: Ist Julius Rau in jeweils beiden der aufgestellten Kandidatenduos als Stellvertreter des Schülersprechers vorgesehen? Wie kann das sein? War das eine improvisierte Reaktion auf die Ablehnung des vorherigen Kandidatenduos, frei nach dem Motto „Man muss nehmen, was man kriegt“?
Protestwahl durch Vertrauenskrise?
Klartext hat direkt nach dem Negativergebnis einige Stimmen befragt; das Ergebnis:
„Es war eigentlich schon von Anfang an klar, dass die Mehrheit den Vorschlag ablehnt“ – Klassensprecher/in
SV-interne Tumulte? Diskrepanzen zwischen Schülerschaft und Schülervertretung? Was ist der Grund für dieses Wahlergebnis? Die Kommentare einiger Schülerinnen und Schüler deuten darauf hin, dass es bereits im Vorfeld der Wahl eine gewisse Skepsis gegenüber dem Kandidatenduo und der TurboSV gab. Diese Skepsis könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, darunter möglicherweise Unzufriedenheit mit der bisherigen Arbeit der Schülervertretung oder das Gefühl, dass man „zum Engagement gezwungen wurde“, wie ein Mitglied in der TurboSV mitteilte:
„Man hat sich entweder rumkommandiert, oder gar nicht erst gebraucht gefühlt.“ – Mitglied in der TurboSV
Unabhängig von den genauen Gründen für die Ablehnung des ersten Kandidatenduos ist klar, dass die Schülerschaft (bzw. ihre Vertreter) ein starkes Signal gesendet hat. Diese Wahl war mehr als nur eine Formalität; sie war viel mehr ein Ausdruck des Wunsches nach Veränderung, nach einer Schülervertretung, die die Meinungen und Interessen der Schülerschaft widerspiegelt und aktiv auf ihre Bedürfnisse eingeht.
Fazit
Es liegt nun an der neuen Führung, das Vertrauen der Schülerschaft zurückzugewinnen und sich konstruktiv mit den Anliegen und Erwartungen der Schülerinnen und Schüler auseinanderzusetzen. Doch ist sie nun also vorbei, die „turbotastische“ Zeit der TurboSV? Nach drei Jahren, in denen Yann Berton und Co. die Schülervertretung mit Engagement und Einsatz geleitet haben, tritt ein neues Schülersprecherduo an, um die Fackel weiterzutragen. Giulio Wessa und Julius Rau haben gemeinsam bereits den Willen gezeigt, Veränderungen herbeizuführen und die Interessen der Schülerschaft angemessen zu vertreten. Was sie letztendlich aus ihren Versprechen machen, bleibt abzuwarten; erste Pläne zur Umstrukturierung der SV sind bereits im Gespräch. Ihr Engagement, sich spontan zur Wahl zu stellen und Verantwortung zu übernehmen, verdient Anerkennung und Respekt, genauso aber gebührt auch Jenna Braun, die die letzten Jahre die TurboSV mitgetragen hat, allerhöchster Respekt und Dank.
Und um nochmal auf die Einleitung einzugehen: Es scheint, dass unsere Schülerschaft ein starkes Bedürfnis nach einer demokratischeren Wahlbeteiligung hat, wie am Freitag deutlich wurde. Eine echte demokratische Wahl sollte jedoch mehrere Kandidaten oder Optionen umfassen, um den Wählern eine echte Auswahl zu ermöglichen. Die Förderung der Schülerbeteiligung liegt nicht allein in den Händen der Schulleitung, die bereits viel Freiraum gewährt und unterstützt, wo sie kann. Stattdessen liegt diese Förderung in den Händen der Schüler selbst. Indem sie sich bei Wahlen aufstellen und aktiv mitmachen, können sie dazu beitragen, dass demokratische Prinzipien innerhalb der Schule gestärkt und gefördert werden.
Ruben Wagner (11. Jgs.)