Am Donnerstag, den 1.7.2010 besuchten wir, drei Redakteurinnen und ein Redakteur der Schuelerzeitung „Klartext“, das Neustadter Tierheim. Es liegt hinter dem Wertstoffhof im Stadtteil Branchweiler. Dort bot sich uns die Gelegenheit, neben einem Rundgang durch die Anlage auch ein Interview mit Herrn Boesel, dem geschaeftsfuehrenden Vorstand des Tierschutzvereins, zu fuehren.
von links nach rechts: Nick Knupfer, Marie-Jo Dapp, Julia Langenbacher, Sarah Palloks, Herr Boesel.
Herr Boesel, auf welche Art und Weise wird das Neustadter Tierheim geleitet?
Es gibt in der Regel zwei Personen , die das Tierheim leiten. Das ist zum einen der Geschaeftsfuehrer im sogenannten Außenverhaeltnis, der die Aufnahme und Vermittlung der Tiere uebernimmt, aber auch die Vertretung nach außen uebernimmt. Seit 10 Jahren bin ich Geschaeftsfuehrer und erster Vorsitzender des Tierheims. Im Innenverhaeltnis gibt es dann die Tieraerztin, die sich um die Tiere kuemmert.
Sicherlich haben Sie jede Menge tierische Gaeste zu betreuen?!
Ja, wir haben im Moment um die 45 Katzen, 12 Hunde und 25 Kleintiere. Mit „Kleintier“ meint man Nager, also Meerschweine, Ratten, Chinchillas etc. Natuerlich haben wir auch ab und zu Wildtiere wie verletze Igel, Tauben, Dohlen oder Jungvoegel, die unterstuetzt werden muessen, da.
Hunde, Katzen, Kleintiere etc. – und das alles ohne zusaetzliche Helfer?
Das Tierheim Neustadt ist nicht in der Lage mit Helfern zu arbeiten – gerade, weil hier auch viele kranke Tiere sind, die man nur als Fachkundige(r) pflegen kann. Deshalb arbeiten hier Angestellte, die ihr Geld damit verdienen, genauer gesagt drei Ganztagsangestellte und drei Halbtagsangestellte.
…, die wohl alle eine passende Ausbildung fuer die verantwortungsvolle Aufgabe mit sich bringen?!
Das Berufsfeld nennt sich Heimtierpfleger: Es gibt Zootierpfleger, die im Zoo arbeiten: Heimtierpfleger sind letztendlich fuer unsere Haustiere zustaendig. Dann gibt es noch Tierarzthelfer.
Der Belegschaft zu urteilen muessen dann folglich Ihre Aufgabenbereiche ueber das bloße „Jungvogel-Aufpeppen“ hinausgehen und wohl auch viel Geld kosten?
Ja, und genau das ist eine der haeufigst gestellten Fragen, die ich immer wieder hoere: Was macht ihr dort im Tierheim und wie finanziert ihr euch? Die Wirtschaftskrise bedeutet letztendlich , dass wir als eine Einrichtung, die Spenden bekommt, auch darunter zu leiden haben. Des Weiteren kann man sich mit Festangestellten nicht nur auf Spenden stuetzen, denn die bleiben ja nicht immer gleich.
Daher sagt der Gesetzgeber, dass die Gemeinden verpflichtet sind, sich um Fund – und herrenlose Tiere zu kuemmern. Im Fachjargon nennt sich das dann „Fundtierverwahrvertrag“.
Das koennen die Gemeinden nicht, dazu muessten sie ja selbst ein Tierheim bauen, d.h. sie suchen sich dann einen Partner, der das kann. Das ist die zweite Einnahmequelle unserer Einrichtung. Letztlich kommen noch Einnahmen hinzu, wenn wir Tiere vermitteln. Wenn ihr zu uns kommt und z.B. gerne eine Katze haettet, dann verlangen wir dafuer Geld, das sind sogenannte Vermittlungsgebuehren.
Wobei man davon ausgehen kann, dass viele Leute – auf ihr Beispiel bezogen – keine zehn Jahre alte Katze kaufen, sondern eher zum Zuechter gehen..
.. was sehr schade ist. Das gibt es in letzter Zeit immer oefter, vor allem einen Grund sehe ich dafuer: Einmal sind wir wieder bei der Finanzkrise, aeltere Tiere sind natuerlich teurer, da sie auch mal krank werden koennen. Wenn ich mal krank werde, muss ich zum Arzt gehen, wofuer es eine Krankenkasse gibt, die die Kosten uebernimmt. Nun gibt es das bei Tieren eher nicht, d.h. , dass nun ich letztendlich selbst aus meiner eigenen Tasche bezahlen muss. Dort hinten haben wir z.B. einige Tiere sitzen, die wahrscheinlich nie vermittelt werden. Sie bleiben – bis der Herr sie abrufen wird – bei uns. Wir hoffen, dass es ihnen gut geht, hoffen zwar immer noch, dass wir jemanden finden, der sie nimmt, aber die Chance ist relativ gering.
Wenn ich z. B. eine Katze oder einen Hund aus dem Tierheim haben will, wie laeuft das ab?
Also das sind mehrere Stationen, die man dann hier durchlaeuft, einmal schaut man sich hier mal um, schaut einmal, ob man hier was findet, was einem entspricht. Beispielsweise beim Hund werde ich einfach mal mit ihm spazieren gehen. Dieser Schritt ist sehr wichtig: Wie ist der so? Ist der nett? Ist es ein Typ, den ich haben kann? Erst hier kann ich den Hund kennen lernen: Das sollte man mindestens 1-3mal machen und danach gibt es die Moeglichkeit einer so genannten Probe, d.h. ich nehme den Hund eine Zeit lang mit nach Hause.
Erst dann sollte man eine Entscheidung treffen. Aber auch hier klaeren wir auf. Man sollte gewisse Dinge einfach bedenken, wenn man sich einen Hund holt. Vielleicht geht man auch mal in den Urlaub, dann muss man wissen, wo das Tier hinkommt. Es macht auch keinen Sinn, wenn man nie zuhause ist. Gerade ein Hund braucht Gesellschaft. Nach einiger Zeit folgt dann die Nachkontrolle. Generell fallen diese Besuche aber positiv aus, denn Leute, die ins Tierheim kommen, haben sich schon Vorstellungen gemacht und sind eher nicht so eingestellt, dass Sie das Tier drei Wochen spaeter wieder abgeben.
Natuerlich ist jede Vermittlung ein kleiner Erfolg und auch eine Einnahmequelle. Aber faellt es Ihnen immer leicht, ein Tier herzugeben?
Bei Tieren, die z.B. nur zwei bis drei Wochen da sind , da hat man nicht so eine Bindung, aber wenn so ein Kandidat zwei Jahre da ist, wie der letzte – eine Katze mit dem Spitznamen Psycho – das ist dann schon manchmal schwer. Aber wir freuen uns letztendlich fuer das Tier, weil es ist nicht der Sinn der Sache ist, es hier zu behalten.
Sind Sie selbst Tierhalter?
Meine Frau und ich sind beide berufstaetig, da hat es keinen Sinn ein Tier zu halten, deshalb sage ich auch immer: Nimm dir nur ein Tier, wenn du die entsprechende Zeit hast, dich um das Tier zu kuemmern. Aber ich habe hier ja auch genuegend Tiere.
Einige Schueler, die das lesen, wuerden sich garantiert dazu bereit erklaeren, das Tierheim zu unterstuetzen. Gibt es solche Moeglichkeiten oder kann man nur spenden?
Also die Hilfsmoeglichkeiten eines jeden Jugendlichen sind stark eingegrenzt , weil wir ein laufender Betrieb sind, weil ich keinen Tierpfleger abstellen kann, der einen Jugendlichen/eine Jugendliche betreut. ueberdies brauchen wir bei kranken Tieren einfach das Fachpersonal; Jugendliche koennten viele Aufgaben einfach nicht wahrnehmen. Was wir aber anbieten – das wisst ihr wahrscheinlich auch – sind Berufspraktika, oft verpflichtend in der 9. Klasse. Hier sind dann die Schueler versichert und die Eltern haben ebenfalls zugestimmt. Dann ist das eine ganz vernuenftige Sache fuer alle Beteiligten
Herr Boesel, wir danken Ihnen fuer das Gespraech.
Zum Schluss fand eine Fuehrung durch das Tierheim statt. Zu sehen bekamen wir zum einen die Außengehege, die aber aufgrund der bruetenden Hitze um die Mittagszeit verwaist waren. Zum anderen konnten wir auch die Innengehege mit zahlreichen Nagern begutachten. Besonders beeindruckend war die technische Ausstattung des Tierheims. Es verfuegt ueber ein kleines Blockheizkraftwerk, das neben Waerme auch Strom produziert und in das staedtische Stromnetz einspeist. Schon alleine daran sieht man, dass das Tierheim neben dem Tierschutz auch den Umweltschutz nicht vernachlaessigt. Nach dem Besuch ist allen Beteiligten klar geworden: So eine Einrichtung gilt es zu unterstuetzen!
Von Marie-Jo Dapp, Sarah Palloks, Julia Langenbacher, Nick Knupfer