Von Judith Fischer, Klasse 10d
Seid Ihr schon mal im Wasser geschwommen, in dem man nicht untergehen kann? Wisst Ihr eigentlich, dass Dromedare ziemlich hoch sind und auch ein wenig intensiv riechen? Könnt Ihr Euch vorstellen, an der Stelle zu stehen, wo Jesus geboren oder gar gekreuzigt wurde? Habt Ihr eine Vorstellung, wieviel exotische Gerüche, tolle Farben und lebendig feilschende Verkäufer es auf einem orientalischen Basar gibt? Wenn nicht, dann geht es euch wie mir, bevor ich zu meiner unglaublich tollen Reise nach Israel aufgebrochen bin.
Vom 3.-11. April 2014 hatten Lara Nowotny aus der Klasse 10a und ich, Judith Fischer aus der Klasse 10d, die einmalige Gelegenheit, zusammen mit 13 weiteren Schülern und Schülerinnen aus der Pfalz das Land Israel hautnah zu erleben. Ermöglicht wurde uns dies durch den Beziksverband Pfalz, der diese Reise zur Jugendgedenkarbeit erstmals organisierte. Wir reisten durch das halbe Land und haben unglaublich viele Einblicke in diese so spannende und vielfältige Kultur bekommen.
Unsere Reise begann in Jerusalem, der Heimat vieler Juden, Muslime und Christen. Jerusalem ist eine faszinierende Stadt, die kaum in Worte zu fassen ist; alles ist so bunt und fröhlich und die Menschen sind ausgesprochen nett und herzlich. Zunächst besichtigten wir den Ölberg mit der wunderschönen Kirche aller Nationen, von dort wir einen irren Blick auf ganz Jerusalem hatten. Anschließend fuhren wir in die Altstadt, um das jüdische, muslimische, christliche und armenische Viertel zu durchlaufen. Wir gingen an die Klagemauer, die einzige übriggebliebene Mauer des alten heiligen Tempels der Juden, an der viele Menschen zum Gebet zusammentreffen.
Anschließend gingen wir die Via Dolorosa, eine nach Jesu Leidensweg benannte Straße, hinauf zur Grabeskirche. Die Grabeskirche wurde auf dem Golgatha, der Kreuzigungs- und Grabesstätte Jesu, erbaut und in ihr sind sechs christliche Konfessionen vertreten. Es war sehr beeindruckend, diese Stätten und diese große Vielfalt und Eigentümlichkeiten der verschiedenen Konfessionen zu sehen. Ich hatte jedoch angesichts der Lautstärke der parallel laufenden Gottesdienste den Eindruck, dass es einen kleinen Wettstreit zwischen den Konfessionen gibt, welche die bedeutendste ist.
Am darauffolgenden Tag fuhren wir zunächst ins palästinensische Autonomiegebiet nach Bethlehem. Wir besichtigten die Geburtskirche mit der Geburtsgrotte, in der Jesus geboren wurde. Danach machten wir uns auf nach Masada, einer mehr als 2000 Jahre alten Festung von König Herodes. Masada liegt nahe dem Toten Meer, mitten in der Wüste. Für mich war es sehr beeindruckend, einerseits diese uralten Gemäuer zu entdecken und andererseits diese atemberaubende Wüstenlandschaft zu erleben.
Nach dieser aufgrund der brütenden Hitze doch sehr anstrengenden Besichtigung waren wir alle froh, uns im toten Meer abkühlen zu können. Es ist einfach ein irres und atemberaubendes Gefühl, auf dem Wasser zu schweben und nicht unterzugehen, obwohl man sich überhaupt nicht bewegt. Und das mitten in der Wüste!
Ich könnte jetzt noch ewig weiterschwärmen von den vielen weiteren tollen Plätzen, die wir besichtigt haben, von Nazareth, Haifa und Akko, von weiteren Ausgrabungsstätten und Kirchen, doch ich denke, das müsst ihr selbst erleben und sehen.
Lieber berichte ich euch von etwas ernsteren Themen. An einem Tag besuchten wir Yad Vashem, der wohl bekanntesten und bedeutendsten Holocaust Gedenkstätten der Welt.
Bei der Führung lernten wir viel über unsere eigene deutsche Geschichte und erfuhren viel Neues über die Shoa, das ist der eigentliche hebräische Begriff für den Massenmord der Deutschen an den Juden Europas. Besonders berührt hat mich das Kindermahnmal, das aus einem dunklen Raum besteht, in dem für jedes der eineinhalb Millionen ermordeter Kinder ein Licht brennt. Zusätzlich werden die Namen, das Alter und das Herkunftsland der Kinder vorgelesen. Für mich persönlich war dies sehr emotional, da man dort bildlich vor Augen geführt bekommt, wie viele Menschen, in diesem Fall Kinder, so grausam umgebracht wurden.
Natürlich wurden wir auch mit den aktuellen Konflikt der Israelis und Palästinenser konfrontiert. Ich weiß nicht, wie viel ihr darüber wisst, aber nach dem Holocaust flüchteten viele der jüdischen Überlebenden nach Palästina, den Ort ihres geschichtlichen Ursprungs. Palästina war jedoch nicht menschenleer, sondern wurde von den dort ebenfalls seid Urzeiten beheimateten muslimischen Palästinensern bevölkert. Die Juden wanderten ein und, da es immer wieder zu Konflikten zwischen Palästinensern und Juden gekommen war und die umliegenden Länder einen jüdischen Staat nicht akzeptieren wollten, brach gleich nach der Staatsgründung 1948 ein Krieg zwischen Israel und den umliegenden Staaten aus. Israel gewann diesen Krieg. Die Palästinenser, die heute noch in Israel leben, werden leider meines Erachtens wie Menschen zweiter Klasse behandelt.
Wir hatten Vorträge und Gespräche mit Menschen beider Kulturen. Wir besuchten einige Kibbuzim, das sind Wohngemeinschaften jüdischer Familien. In Givat Haviva, einem Bildungs- und Begegnungszentrum zur jüdisch-arabischen Verständigung, hatten wir einen Vortrag einer jüdischen Waliserin und eines jungen Arabers. Die beiden kennen sich gut und arbeiten mit vielen weiteren Menschen an der Aussöhnung der beiden Völker. In Givat Haviva haben junge Israelis und Palästinenser die Möglichkeit sich kennenzulernen und an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Mit Lydia, der jüdischen Waliserin, fuhren wir zusammen einen Teil der „Green Line“ ab, die Grenze zwischen dem palästinensischen Gebiet und Israel. Außerdem haben die Israelis vor elf Jahren eine massive, sehr hohe Mauer gebaut, die die palästinensischen Autonomiegebiete vom israelischen Kernland abgrenzt. Für uns Deutsche, die wir stolz sind, vor 25 Jahren die Mauer in Berlin niedergerissen zu haben, wirkt diese Mauer sehr befremdlich.
Gleichzeitig muss man aber anerkennen, dass nach diesem Mauerbau die fürchterlichen Selbstmordattentate von Arabern in Israel drastisch abgenommen haben. Lydia zeigte uns Orte, an denen Araber unter schrecklichen Bedingungen arbeiten. Wir suchten dort das Gespräch mit ihnen und waren sehr überrascht, wie offen und gastfreundlich sie zu uns waren.
Ich hatte jedoch den Eindruck, je mehr wir über den Konflikt und die Probleme der beiden Volksgruppen erfuhren, desto verwirrter waren wir und desto aussichtsloser erschien uns die Situation. Lydia brachte es mit einer Aussage gut auf den Punkt: „there is no black and white“. Ich hoffe jedoch inständig, dass die Menschen dieser verschiedenen Kulturen in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten einen Weg finden friedlich und gleichberechtigt nebeneinander zu leben.
Sehr überrascht war ich darüber, wie hoch wir Deutschen von beiden Völkern angesehen sind, obwohl wir doch mit dem Holocaust indirekt zu dem Konflikt geführt haben. Die Juden sehen es sehr gerne, wenn Deutsche nach Yad Vashem kommen, um sich über ihre Geschichte zu informieren. Auch die Palästinenser, die häufig in sehr armen Verhältnissen leben, sind dankbar über die finanzielle Unterstützung aus Deutschland, zum Beispiel über die Wasserversorgung in Bethlehem.
Ich bin unglaublich froh, dass ich die Chance hatte mich auf diese Reise zu begeben. Ich habe unendlich viel gelernt, über Geschichte, Kultur und ja, auch über Konflikte. Die Erlebnisse haben mich bereichert und ich durfte so viel Spannendes erleben. Dafür bin ich sehr dankbar!
Bildquellen: Judith Fischer, Regina Reiser