Herr Dr. Voegeding,was war ihr erster Eindruck vom KKG, wenn Sie daran zurueckdenken, und hat sich dieser aus heutiger Sicht bestaetigt?
Wenn man das Gebaeude ueber den Haupteingang betritt, spuert man erst einmal den Geist einer langen Tradition. Und es ist in der Tat so, dass die heutige Schule Produkt einer langen Entwicklung und eines in vielen Jahren gewachsenen Profils ist. Augenfaellig ist dabei der auch heute noch hohe Maedchenanteil. Wichtiger fuer mich ist aber ein ganz besonderer „Kaethe-Geist“ – und das meine ich in einem sehr positiven Sinne.
Auf den zweiten Blick merkt man dann aber auch schnell, dass hier die Zeit nicht stehen geblieben ist. In ihrer paedagogischen Arbeit ist die Schule durchaus modern.
Welchen Eindruck haben sie bisher vom Speyer-Kolleg?
Der Kontrast zum Kaethe ist groß. Das Kolleg ist in einem modernen, funktionalen und sehr hellen Gebaeude untergebracht, die Raeumlichkeiten sind großzuegig. Dadurch, dass es ein Institut der Erwachsenenbildung ist und die Kollegiaten mindestens 19 Jahre alt sein muessen, wirkt das Ganze eigentlich eher wie ein Uni-Campus. Und es ist mit knapp 200 Kollegiaten und ca. 20 Lehrkraeften natuerlich auch sehr viel ueberschaubarer.
Interessant waren fuer mich die muendlichen Abiturpruefungen, die am Kolleg letzte Woche stattgefunden haben. Das Anforderungsniveau ist dem der gymnasialen Oberstufe sicher vergleichbar. Da die Abiturienten aber in der Regel bereits eine Berufsausbildung absolviert haben, bringen Sie z.T. auch ganz andere Perspektiven in die Pruefungen ein.
Man kann also von großen Unterschieden im Vergleich zu einem Gymnasium sprechen.
Erwachsenenpaedagogik ist nicht einfach nur Paedagogik fuer aeltere Schueler. Alle Kollegiaten bringen schon eigene und sehr verschiedene Bildungsbiografien mit, und diese Verschiedenheit muss aufgegriffen und produktiv genutzt werden.
Als Institution muss sich das Kolleg einem sich veraendernden Arbeitsmarkt anpassen. Immer weniger junge Leute koennen es sich erlauben, drei Jahre aus dem Berufsleben auszusteigen, um das Abitur nachzuholen. Hier muessen flexiblere Strukturen entwickelt werden. An vielen Kollegs – auch in anderen Bundeslaendern – wird bereits experimentiert und werden andere Strukturen (Teilzeitmodelle, online-gestuetztes Lernen u.a.) erprobt. Das ist eine spannende Gestaltungsaufgabe!
Apropos Gestaltungsaufgabe: Was hat ihnen an unserer Schule gefallen und wo sehen sie nach wie vor Verbesserungsmoeglichkeiten?
Besonders gut hat mir gefallen, dass an der Schule ein ueberwiegend freundlicher Umgangston herrscht, dass sich Schueler und Eltern in vielen Bereichen einbringen und dass es sehr viele Lehrkraefte gibt, die „ueberzeugungstaeter“ und Paedagogen aus vollem Herzen sind.
Verbessert werden koennte z.B. noch die oeffentlichkeitsarbeit. Viele tolle Sachen laufen an der Schule, ohne dass hiervon die gesamte Schulgemeinschaft oder gar eine breitere oeffentlichkeit etwas erfaehrt. Dass der KLARTEXT jetzt regelmaeßig auf der Homepage ueber schulische Ereignisse berichtet, ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung.
Gibt es fuer Sie „das schoenste“ Ereignis am KKG?
Es gab sehr viele schoene Konzerte und Theaterauffuehrungen, und es waere ungerecht, eines dieser Ereignisse besonders hervorzuheben.
Sehr gerne erinnere ich mich auch an die Lesenacht fuer die Orientierungsstufe im Dezember 2008 (2009 musste sie wegen der Schweinegrippe leider ausfallen!). Hier hatten Schueler, Eltern, Lehrer und Mitarbeiter der Schule gemeinsam dazu beigetragen, dass es ein unvergesslicher Abend wurde.
Und dann erinnere ich mich noch gerne an manche Abiturpruefung. Natuerlich sind einige sehr gute Pruefungen noch praesent, bewegend waren aber vor allem einige „Zitterpruefungen“. Die gemeinsame Freude von Prueflingen und Pruefern, wenn es am Ende nun doch geschafft ist, erzeugt bei mir auch nach vielen Pruefungsjahren jedes Mal wieder eine Gaensehaut.
Vor ein paar Wochen gab es leider auch ein unschoenes Ereignis – in den Umkleideraeumen der Sporthalle wurden 20 Handys entwendet. Wie aeußern sie sich dazu?
Das gehoert zu den unschoenen Ereignissen, die es in einer vierjaehrigen Amtszeit leider auch gibt.
Ein Erklaerung hierfuer habe ich bis heute nicht. Die unterrichtende Lehrkraft hat versichert, dass die Tueren abgeschlossen waren, und die Zahl der Personen, die einen Schluessel fuer die betreffenden Raeume haben, ist sehr begrenzt und kommt fuer den Einbruch mit Sicherheit nicht in Frage. Auch wenn es am materiellen Verlust nichts aendert: Es waere fuer mich beruhigend zu wissen, dass der Dieb nicht aus der Schulgemeinschaft kommt, weil dies ansonsten fuer den oben beschriebenen „Kaethe-Geist“ ein kraeftiger Rueckschlag waere.
Ich hoffe, dass die Polizei, die sofort eingeschaltet wurde, den Vorgang aufklaeren kann.
Man merkt, dass Sie unsere Schule aeußerst positiv bewerten. Was hat sie aber letztendlich dazu bewogen, unsere Schule dann zu verlassen?
Es ist der Reiz der neuen Herausforderung und es sind die gestalterischen Moeglichkeiten am Kolleg, die mich zu diesem Schritt bewogen haben. Obwohl ich noch einige Dienstjahre vor mir habe, kann ich schon heute auf ein aeußerst abwechslungsreiches Berufsleben zurueckblicken, und ich bin sehr dankbar und finde es spannend, dass ich noch einmal eine ganz neue Aufgabe uebernehmen darf. Dass ich hierfuer eine Stelle aufgeben muss, die mir viel gegeben hat und die ich ansonsten auch gerne weitergefuehrt haette, ist die Kehrseite dieser Medaille.
Wie stellen sie sich ihren Nachfolger / ihre Nachfolgerin vor und was wuenschen sie diesem / dieser?
Es wuerde einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin nicht gerecht, wenn man ihm bzw. ihr schon von vornherein so etwas wie ein Idealbild vorsetzt. Die Schulleitungsaufgabe ist so vielschichtig und so komplex, dass kein Mensch in allen Bereichen gleich gut sein kann.
Ich wuensche mir, dass die Schulgemeinschaft dem oder der „Neuen“ zu gegebener Zeit ganz unvoreingenommen entgegentritt und ihm die Moeglichkeit gibt, seine ganz persoenlichen Staerken zum Wohle der Schule zu entfalten.
Ein Schulleiter ist auch kein Einzelkaempfer, sondern er leitet ein Team von Schulleitungsmitgliedern, die alle ihre individuellen Aufgabenbereiche haben und am Kaethe-Kollwitz-Gymnasium traditionell mit hoher Eigenverantwortung agieren. Eine harmonische Zusammenarbeit mit der Schulleitungsmannschaft ist daher etwas, was ich sowohl meinem Nachfolger bzw. meiner Nachfolgerin als auch den Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich in den letzten Jahren eng zusammenarbeiten durfte, wuensche.
Herr Dr. Voegeding, vielen Dank fuer das Interview.
Romin Kohlhase /Die Redaktion