Sexting – ein Begriff wabert durch die Medien – und ist inzwischen auch am KKG angekommen.
Der Begriff Sexting setzt sich aus den Wörtern Sex und texting (engl. für das Versenden von Kurzmitteilungen) zusammen und bezeichnet einen weltweiten Trend, von dem besonders Jugendliche und junge Erwachsene betroffen sind. Es geht dabei darum, dem Partner entweder sexuell anrüchige Textnachrichten oder sogar Nacktbilder der eigenen Person zu schicken – oft in der Erwartung, ebenfalls ein solches Bild zu erhalten.
Besonders bei jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 26 Jahren ist das Verschicken solcher Fotos beliebt, inzwischen sind es allerdings auch deutlich Jüngere, die Sexting betreiben – und das meist, ohne an die Konsequenzen zu denken. Dass solche Bilder nämlich nie wirklich gelöscht werden, wurden sie einmal per Internet verschickt, ist den meisten nicht bewusst, genauso wenig wie die Tatsache, dass man nie weiß, wie der Empfänger mit den Bildern umgeht und wer sie noch zu sehen bekommt.
Genau mit dieser Problematik wurden wir konfrontiert, denn letzten Endes hat der Sexting-Hype auch das KKG erreicht.
Der Klartext sprach mit Herrn Koppenhöfer, unserem Mittelstufenleiter, der auf den Trend aufmerksam geworden war und dem die Aufklärung über dieses Thema ganz besonders am Herzen liegt:
Redaktion: Hallo und danke, dass Sie sich für das Interview Zeit genommen haben. Unsere erste Frage ist: Wie sind Sie auf das Problem Sexting an unserer Schule aufmerk- sam geworden?
Herr Koppenhöfer: Aufmerksam wurde ich eigentlich schon, bevor das Problem an unserer Schule war, da habe ich das schon in den Medien verfolgt und habe eigentlich immer gehofft, dass so etwas bei uns nicht passiert. Ich dachte immer, Neustadt als Kleinstadt käme da „drum herum“; daher war ich auch sehr geschockt, dass bei uns hier dann doch einige Fälle vorkamen. Auch wenn das ganz außerhalb der Schule läuft, hat es Einfluss auf das, was in der Klasse los ist. Ich habe dann auch mal bei meinen Oberstufenschülern gefragt, ob sie wissen, was das ist, und viele haben geantworter: „Ja klar, das geht doch schon seit Monaten hier so!“
Redaktion: Und wie verhalten Sie sich, wenn Schüler mit diesen Problemen zu Ihnen kommen?
Herr Koppenhöfer: Diskret natürlich, das ist ja klar. Man muss sehen, dass es zwei Aspekte hat, einmal den schulischen und den außerschulischen Aspekt. In der Schule sind ja keine Handys erlaubt, das heißt, wir gehen davon aus und hoffen logischerweise, dass diese Fotos nicht bei uns gemacht und verbreitet wurden, aber sie gehen von Schülern von uns an Schüler von uns, das heißt konkret: Damit sind wir auch laut Schulordnung verpflichtet, uns darum zu kümmern; dort heißt es etwa, dass alles, was „den Schulfrieden stört“, geklärt werden muss. Wir versuchen allerdings, das relativ klein zu halten. Wir wollen nicht bestrafen, sondern eher helfen, das Problem zu lösen. Ein anderer Punkt ist außerhalb der Schule. Hier können auch die Vertrauenslehrer helfen; man regelt es mit der Klasse und versucht die Bilder möglichst zu löschen, aber das ist oft nicht so einfach, was man auch am Beispiel Facebook festmachen kann: Wenn man etwas postet und eine Stunde später löscht, dann ist es oft zu spät. Das Foto ist verbreitet und geht durch alle möglichen Chroniken. Der außerschulische Aspekt ist noch schlimmer, denn es ist tatsächlich erlaubt, so ein Foto von sich zu machen. Wenn Mädchen sich fotografieren, in welchen Posen auch immer, dann ist das erlaubt. Das nennt man das Recht am eigenen Bild.
Aber sobald der Erste, der das Foto bekommt, dieses weiterschickt, begeht dieser eine Straftat, dann das ist Verbreitung von Pornografie. Und da die meisten Mädchen noch unter 18 sind, ist das Verbreitung von Kinder- /Jugendpornografie, also ein sehr schwerwiegender Straftatbestand. Wenn das dann bei der Polizei landet und angezeigt wird, dann können wir als Schule nichts mehr tun, das wird dann strafrechtlich verfolgt.
Redaktion: Und wie gehen die Betroffenen selbst und die Eltern damit um?
Herr Koppenhöfer: Wie die Eltern damit umgehen, weiß ich nicht, ich wüsste selbst nicht, wie ich in so einer Situation reagieren würde. Aber das Hauptziel ist natürlich, das aus der Welt zu schaffen. Natürlich sind die Betroffenen einerseits peinlich berührt und geschockt, aber auf der anderen Seite sind es auch diejenigen, die diese Bilder anfangs verbreitet haben, diejenigen, die schnell einsehen, dass sie „Mist gebaut“ haben. Das Problem dabei ist, dass das Ganze dann einfach nicht mehr so schnell aus der Welt zu schaffen ist. Und wenn man auch sieht, wie viele aus der Oberstufe schon Bilder von Betroffenen aus der Mittelstufe besitzen, dann erkennt man wieder deutlich, was das für Kreise zieht. Das dann wieder rückgängig zu machen, ist fast unmöglich.
Redaktion: Wie viele Fälle gab es denn schon hier an der Schule?
Herr Koppenhöfer: Also noch ist es im einstelligen Bereich – zumindest das, was bekannt wurde. Ich glaube aber, dass viel mehr passiert ist, wo die Betroffenen es dann einfach unter sich geregelt haben oder es einfach nicht zu uns durchgedrungen is. Deswegen ist es auch so wichtig, zu informieren. Meistens sind es ja Pärchen, die so etwas tun. Doch was passiert mit solchen Bildern, wenn eine Beziehung in die Brüche geht? Daher sollte sich jede(r) Gedanken machen, ob es klug ist, Bilder von sich zu versenden.
Redaktion: Warum wurde denn bis jetzt noch nicht darüberan der Schule informiert ?
Herr Koppenhöfer: Scheinbar ist das Problem sehr neu hier. Wir haben auch schon versucht, Informationsmaterial zu bekommen, aber es gibt einfach nichts. Es ist wirklich schwierig; deswegen hoffen wir, auf diesem Weg über die Schülerzeitung die Leute erreichen zu können. Es gibt ein paar Seiten im Internet, die darüber informieren, allerdings keine deutschen (Anm. der Redaktion: Die Seiten werden unten verlinkt!).
Redaktion: Haben Sie den Eindruck, dass bestimmte Jahrgangsstufen eher davon betroffen sind?
Herr Koppenhöfer: Eher die untere Mittelstufe, konkret die Klassen 7, 8 und 9. Bei den Kleineren natürlich noch nicht und die Älteren sind wiederum schon so weit aus der Pubertät heraus, dass sie merken, dass so etwas keine gute Idee ist. Mitten in der Pubertät, wenn das Gehirn umgebaut wird und man viel mit sich selbst beschäftigt ist, kann man das, was man tut, oft nicht richtig einschätzen.
Redaktion: Wie schlimm waren die Fälle und musste schon einmal die Polizei eingeschaltet werden?
Herr Koppenhöfer: Ich glaube, dass zum Teil schon die Polizei eingeschaltet werden musste, aber da bin ich als Lehrer nicht betroffen und darf es wahrscheinlich auch nicht wissen. Bei uns wurden die Fälle so weit gut gelöst, dass sie den Schulalltag nicht mehr belasten. Die Vertrauenslehrer Frau Moll und Herr Kratz haben mit den Betroffenen gesprochen und es geklärt.
Redaktion: Haben Sie im Bezug auf das Thema noch Weiteres geplant?
Herr Koppenhöfer: Wir haben zuerst überlegt, eine Veranstaltung in der Turnhalle zu machen, doch das wäre etwas zu groß. Es müsste reichen, wenn es in den betroffenen Klassenstufen durch die Klassenlehrer zum Thema gemacht wird und mit allen Schülern darüber geredet wird. Wenn man sich einmal Gedanken darüber macht und sich bewusst wird, was man da tut, dann dürfte man Einsicht erlangen.
Redaktion: Wie sieht es an anderen Schulen aus?
Herr Koppenhöfer: Das Problem gibt es überall. Ich habe mich mal bei Kollegen von anderen Schulen umgehört, auch dort ist es ein Thema. Dieser Trend kam aus dem Norden über England, Holland und Belgien zu uns herüber. Im Norden Deutschlands sowie in den USA gibt es viele Schulen, an denen es ein sehr großes Problem ist. Auf YouTube gibt es auch ein Aufklärungsvideo von einem Mädchen, das mit den Folgen nicht umgehen konnte und sich daraufhin das Leben genommen hat. Zuvor hatte es in einem Video erzählt, was es gemacht hatet und warnte alle vor den Gefahren.
Redaktion: Herr Koppenhöfer, vielen Dank für das Gespräch!
Mehr Informationen für Betroffene finden sich unter anderem hier:
http://www.projuventute.ch/sexting/landingpage.html
Sarah P., Julia L, Michelle H. (Jgs. 11)