Die Frau in der braunen Robe kommt mit einem Lächeln ein wenig verspätet. Hektisch nimmt sie Platz, immer wieder huscht ein grauer Mann zu ihr, flüstert ihr etwas zu, verschwindet wieder. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung ist soeben angetreten, sich den Fragen 83 kritischer Jungjournalisten zu stellen.
![](http://www.kkg-nw.de/klartext/wp-content/uploads/2018/12/Jugendpressetag20182.jpg)
Als Klartext-Redakteur hatte ich die Gelegenheit, am Jugendpressetag 2018 in Berlin teilzunehmen. Unter dem Thema Bildungs- und Forschungspolitik löcherten die eingeladenen Jungjournalisten – Redakteure von Schülerzeitungen, Lokalzeitungen und sogar der BILD – zuerst die Bildungsministerin Anja Karliczek mit Fragen und besichtigten anschließend das Futurium, ein Berliner Zukunfts-Museum, das im September 2019 eröffnet werden soll.
Karliczek hatte einen anstrengenden Vormittag hinter sich: Als Abgeordnete musste sie unmittelbar vor unserem Termin in den Bundestag fahren, damit dessen Beschlussfähigkeit durch einen ‚Hammelsprung‘ festgestellt werden konnte. Außerdem hatte der Bundesrat die vom Bund geplante Änderung des Grundgesetzes, die den Digitalpakt – Programm der Bildungsministerin – ermöglichen sollte, an den Vermittlungsausschuss überwiesen und damit vorerst gestoppt.
Nach der Ankunft im Ministerium vormittags gab es deshalb erstmal Häppchen und dann: Wartezeit. Schließlich kommt die Ministerin dann doch aus dem Bundestag angehetzt. Im Humboldt-Sitzungssaal spricht sie zunächst einige Worte zur Begrüßung und stellt sich dann unseren Fragen. Diese sind vielfältig: Sie behandeln das Schulsystem Deutschlands an sich, die technische Ausstattung an Schulen, der Wunsch der Ministerin nach mehr Praxisnähe an Hochschulen. Aber auch: den hohen Stresslevel der Schüler sowie die Äußerungen der Ministerin zum Thema Ehe für alle.
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Und die Ministerin antwortet – wo sie nicht dazu in der Lage ist, sei es wegen mangelnder Vorbereitung oder mangelnder Zeit, bietet sie weiteren Kontakt an. Sie kündigt an, übrig gebliebene Fragen via Mail zu beantworten. Außerdem möchte sie ihre Sicht auf die wissenschaftlichen Studien zu gleichgeschlechtlichen Eltern in einer Telefonkonferenz erläutern.
Anschließend sehen wir von der Empore des Foyers Hauptstadtberichterstattung in Entstehung: Karliczek tritt vor ein Rednerpult im Eingangsbereich des Ministeriums zu einem ‚door step‘. Sie gibt dort vor einigen Kameras ein Statement über die Ablehnung der Grundgesetzänderung durch den Bundesrat ab.
Zweiter Programmpunkt ist das Futurium. Der grau-schwarze Klotz mit einer Glasfassade in Richtung Spree, Kanzleramt, Bundestag, steht in direkter Nähe zum Ministerium. Noch scheint der Innenraum leer zu sein, doch schon im September 2019 soll hier das ‚Futurium‘ eröffnet werden. Ein Zukunfts-Museum, das doch nicht Museum allein ist, erläutert Direktor Stefan Brandt: Das Futurium solle Ausstellung, Labor, Forum und Bühne zugleich sein, um sich in unterschiedlichen Formen mit den vielfältigen Aspekten und Vorstellungen von Zukunft beschäftigen zu können.
Im Keller gibt ein Exponats-Prototyp schon einen Vorgeschmack auf das, was da noch kommen mag – im Museum und generell in der Zukunft des Menschen. Ein Metallarm, der einen Eddingstift in seiner „Roboterhand“ hält, steht vor einer Glasscheibe und notiert darauf eigenständig Fragen. Diese richten sich an den Besucher, der sie mit einem Antwort-“Interface“ beantworten kann – sprich: indem er auf Bildchen drückt, die der Roboterarm auf die Scheibe unter seine Frage gemalt hat. Was will uns der Künstler damit sagen? „Es dreht sich vor allem um die Frage: Wie wollen wir mit Robotern arbeiten?“, erläutern die Entwickler vom Berliner Studio Nand. Das technische Kunstwerk solle für einen kritischen Umgang mit Technik im Bereich der Arbeit anregen.
Organisiert ist das Futurium über eine Gesellschaft, an der neben dem Bund, der mit 90% beteiligt ist, auch Wissenschaftsinstitute wie das Max-Planck-Institut und Unternehmen aus der Privatwirtschaft mitwirken. Eine Gefahr für die Unabhängigkeit des Museums sieht Brandt trotzdem nicht: „Wir können sagen und tun, was wir wollen“.
Nach einem kurzen Sightseeing-Trip durch das Regierungsviertel ging es dann für uns schon wieder zum Berliner Hauptbahnhof heimwärts.
Der Jugendpressetag in Berlin – meiner Ansicht nach eine tolle Gelegenheit, ein wenig Großstadtluft zu schnuppern, sich mit „Kollegen“ zu vernetzen, und das eigene Handwerk an Politikern zu erproben.
Für die Chance dazu bin ich der Jugendmedienzentrum e.V. und ihren Kooperationspartnern sehr dankbar, und kann jedem politisch und journalistisch interessierten jungen Menschen nur dazu raten, sich im nächsten Jahr anzumelden – das Event ist eine Reise wert!
(Tilmann Koch, 11.Jgs)