Schulleben

Besuch bei Freunden – Ein Erlebnisbericht über den Manchesteraufenthalt 2011

Einer Gruppe von 16 Schülern aus der elften Jahrgangsstufe bot sich die Möglichkeit, vom 17.09. bis 08.10.2011 eine lang bewährte Tradition unserer Schule fortzuführen und innerhalb des „MaNeX“-Programms einen dreiwöchigen USA-Aufenthalt zu erleben. Die bereits seit 1983 bestehende Städtefreundschaft zwischen Manchester in New Hampshire, einem Staat im Nord-Osten der Vereinigten Staaten von Amerika, und Neustadt an der Weinstraße ermöglichte kurze Zeit später Schülern Langzeitaufenthalte in der jeweiligen Partnerstadt. Seit 1989, nun bereits also seit 23 Jahren, besteht das Austauschprogramm in der heute bekannten Form.

Wie jedes Jahr im Herbst nahm unsere kleine Gruppe, 16 Schüler, zusammen mit Frau Moll und Herrn Bachmann den etwa 9 Stunden langen Flug, mit manchmal kleinen oder weniger kleinen Turbulenzen, in Richtung Westen auf sich. Am Ziel angekommen, wurde jeder von seiner Gastfamilie freudestrahlend, oft mit Plakaten und Begrüßungssträußen ausgestattet, in Empfang genommen. Vorher noch aufgeregt und unwissend, was einen denn nun erwarten wird, machte sich bei mir und meinen Mitreisenden die Erleichterung breit, da schon die Begrüßung der damals für uns Fremden sehr herzlich ausfiel.

Endlich kam ich, erschöpft von der langen Reise, in meinem neuen Zuhause auf Zeit an und war nach 22 Stunden froh ein wenig Schlaf zu finden. „Morgen,“, dachte ich, „geht das Abenteuer Amerika dann richtig los!“

"Unsere gelbe Limousine"

So war es dann auch, nach einem eher ruhigen Sonntag in der Familie. Der Terminkalender in den darauffolgenden Wochen war reich bestückt. Zu aller erst durften wir einen gewöhnlichen Schultag unseres Austauschpartners in einer der drei beteiligten High Schools mit erleben. Zur Auswahl standen die West, Central und Memorial High Schools in Manchester. Fast schon als Attraktion gesehen und herzlich begrüßt, wurden wir Deutschen oft regelrecht ausgefragt. Nicht nur das deutlich andere Schulsystem, sondern auch der Alltag in unserer Heimat und für uns ganz banale Dinge wurden hier zum Thema, denn nur sehr wenige amerikanische Schüler wissen viel über unsere Kultur. Überraschend war: Die meisten High School Kids waren noch niemals außerhalb der amerikanischen Staaten verreist, nur wenige hatten überhaupt Interesse daran.

Auch an den beiden anderen Schulen durften wir für einen Tag Schüler spielen und manchmal sogar Deutschlehrer. Immer wieder freundlich aufgenommen, konnten wir so viele verschiedene Eindrücke in teilweise kuriosen Fächern sammeln. Hier waren zum Beispiel die Jazzband, vergleichbar mit unserer Bigband, oder der Chor anerkannte Schulfächer. Neben Fotografie, Back-Unterricht, Schreinerhandwerk und vielen anderen werden an den mit Gesamtschulen vergleichbaren High Schools natürlich auch die uns bekannten Fächer unterrichtet. Die Gespräche ähnelten sich allesamt. So ging es zum Beispiel oft um Vorurteile der anderen Nation gegenüber. Diesen zu Folge waren wir Deutschen enttäuscht, nicht zwangsläufig die Fastfood-Nation schlechthin vorgefunden zu haben, zumindest in New Hampshire. Unsere amerikanischen Freunde dagegen erwarten nicht selten Lederhosen tragende Bayern, die über Bier und Sauerkraut schwärmen.

Statehouse on Concord

Natürlich gehören zu einem Auslandsaufenthalt auch Ausflüge und davon gab es innerhalb der drei Wochen so einige:

Bereits am dritten Tag kamen wir in den Genuss des New Hampshire History Museum und konnten so einiges über die lokale Geschichte und Entwicklungen angefangen bei den Ureinwohnern in New Hampshire erfahren. Außerdem bekamen wir durch eine Führung im State House einen Einblick in das amerikanische Rechtssystem.

Bunker Hill Monument am Ende des Freedom Trails - fast 300 Stufen

Am Tag darauf war Boston an der Reihe. Wir liefen den kompletten „Freedom Trail“. Dies ist ein 4 Kilometer langer Weg quer durch Boston. Er führt die Besucher durch die eindrucksvolle Stadt und vorbei an 16 Sehenswürdigkeiten, die an die Amerikanische Revolution erinnern. Boston – eine Stadt aus alten Häusern, Denkmälern und Wolkenkratzern. Neben all diesen Dingen war der Quinzy Market, ein riesiges Gebäude mit fast allen erdenklichen Fast-Food-Gerichten und Naschereien, ein besonderes (Geruchs-)Erlebnis.

Im Aquarium in Boston

Das Bosten Aquarium, eine mehrstöckige XXL-Version der uns bekannten Meerwasseraquarien, hatte es mir besonders angetan. Dort konnten wir eine unglaubliche Artenvielfalt an Meerestieren betrachten und nicht selten auch anfassen wie zum Beispiel Rochen und kleine Hammerhaie. Selbst ausgewachsene weiße Haie und Konsorten waren dort nur durch zentimeterdickes Glas vom Besucher entfernt.

Nachdem wir im Millyard Museum genauestens über die städtische Geschichte und das ehemalige Fabrikviertel informiert wurden, nahm uns am Donnerstag gegen Mittag Manchesters Bürgermeister in Empfang.

Plimoth Plantation im Ureinwohnerdorf

Am Freitag beendeten wir die erste Woche mit einem Trip zu Plimoth Plantation. Nach einem kurzen Einführungsfilm wurden wir in die Welt der Wompanoag eingelassen. In einem kleinen nachgebildeten Dorf hausen und kochen echte Nachfahren eben dieser Ureinwohner der USA. Sie waren keine Schauspieler und sich völlig ihrer Rolle als Museumsführer bewusst. Nun lag es ganz an einem alleine, ob man diesen Menschen, gekleidet in selbst gejagten Wolfsfellen und ähnlichen, lediglich bei ihrem Alltag zuschauen oder ihnen genauer auf den Zahn fühlen wollte. In einem für sie üblichen Schlafzelt konnten man zum Beispiel Fragen aller Art über ihr Leben stellen und bekam sie ausführlich und mit Witz beantwortet oder demonstriert.

Plimoth Plantation im Siedlerdorf

Nur wenige Minuten Fußweg entfernt fand man sich in einem Dorf mit ganz anderen Bewohnern wieder – den ersten Siedlern. Hier waren Schauspieler am Werk, die in altem Englisch auch gerne zu Gesprächen bereit waren. Stellt man ihnen jedoch Fragen über neuzeitliche Dinge, so wissen sie nicht über was man spricht. Zum Schluss besichtigten wir noch die Mayflower2, eine exakte Nachbildung des Segelschiffs, mit dem die 1. Siedler im 17. Jhd. den langen Weg auf sich genommen haben. Für mich war der Tag in Plimoth Plantation spannend, unterhaltsam und informativ zugleich.

Die zweite Woche war vor allem mit dem besagten Schulalltag gefüllt. Doch am Dienstag hieß es erneut auf nach Boston, der ca. eine Stunde entfernten Hauptstadt Massachusetts. Die Stadt hat so viel zu bieten gehabt, dass es eben nicht an einem Tag zu bewältigen war. Wir besichtigten den Campus von Harvard, der weltweit bekannten Elite-Universität. Für viele Deutsche war ein Souvenir wie z.B. einen Pullover dieser Bildungsanstalt ein Muss oder wohl besser ein „Must-Have“. Während einer Führung über das Gelände, erzählte uns eine Studentin über die Geschichte und das tägliche Studentenleben eines „gewöhnlichen“ Harvard-Studenten. Auch die ein oder andere interessante Anekdote über „die Uni, die mehr Geld hat als Gott“ (ein bekanntes Sprichwort unter den Studenten), durfte nicht fehlen.

Den Nachmittag verbrachten wir im Museum of Science, ein naturwissenschaftliches Museum zum Zuschauen und Anfassen. Nicht nur die Elektrizitätsshow nach amerikanischen Maßstäben -laut, hell und spektakulär- machten den Besuch zu etwas Besonderem. Auch durch die vielen kleinen „Spielereien“, die einen zum wissenschaftlichen Denken anregten, war der Stoff leicht verständlich und sicherlich für jede Altersgruppe ansprechend.

Hektisches Treiben auf dem Broadway

Am zweiten Oktober war es dann endlich soweit. Der von uns allen sehnlich erwartete Aufenthalt in New York City war gekommen. Kaum angekommen, stürzten wir uns in das Geschehen. Es ist wenig übertrieben zu sagen, dass die Uhren schneller ticken in dieser Weltstadt. Hektisches Treiben wohin man auch nur schaut. Zu all dem zog an unserem ersten Tag eine Parade durch die Straßen Manhattans. Nachdem wir das Hotel bezogen und uns in der Umgebung zurechtgefunden hatten, genossen wir den ganzen restlichen Tag Freizeit, konnten Manhattan und das Großstadtleben auf eigene Faust erkunden. Glücklicherweise wohnten wir sehr zentral nur wenige Meter vom Times Square entfernt.

Ausblick vom Empire State Building

Am späten Abend trafen wir uns alle am Empire State Building, von welchen wir schon wenig später (nach diversen Sicherheitskontrollen) auf dem ungefähr 80sten Stock eine atemberaubende Aussicht über die Stadt genießen konnten. Blinkende, strahlende Lichter in allen Farben, Formen und Größen schmückten die Wolkenkratzer New Yorks und machten sie zu einem schimmernden Gebäudemeer, welches alles andere fürs erste unbedeutend erscheinen ließen.

Nachdem wir am darauffolgenden Morgen unserer Verabredung an einer der Broadway-Webcams nachgekommen waren und den Daheimgeblieben live aus New York einen etwas anderen Urlaubsgruß zukommen gelassen haben, besichtigten wir das Gebäude der United Nations und erhielten eine sehr interessante Führung, obwohl Themen wie Sicherung des Weltfriedens doch so unvorbereitet für die meisten „schwere Kost“ waren. Ohne Pause ging es mit der überfüllten Subway zum berühmten Central Park und durch diesen in Richtung Museum of National History, welches sich bekannt durch den Film „Nachts im Museum“ großer Beliebtheit in der Gruppe erfreute.

Die Freiheitsstatue

Dienstag war wohl der erlebnisreichste Tag in NY, denn „Extrem-Sightseeing“ war angesagt. Bereits früh am Morgen machten wir uns mit der Subway auf, um der fast schon legendäre Freiheitsstatue, das Symbol für die Unabhängigkeitserklärung, einmal ganz nahe zu sein. Mit dem Boot fuhren wir also an der Liberty Island und der besagten Statue vorbei und besuchten im Anschluss auf der Ellis Island ein  Museum über die ersten Einwanderer der USA. Nur wenig später befanden wir uns bereits wieder auf dem Festland und besichtigten die St. Pauls Cathedral, eine sehr berührende Gedenkkirche über das World-Trade-Centre-Attantat. Vorbei am Bankenviertel und der Wall Street, zielten wir nun die von vielen Filmen und Bildern bekannte Brooklyn Bridge an. Doch die Brücke stellte sich als Enttäuschung heraus. Manchmal verwunderlich was man mit Photoshop und Co alles erreichen kann. Der krönende Abschluss des Nachmittages war ein „Spaziergang“ durch Chinatown. Man fühlte sich, als sei man plötzlich auf einem anderen Kontinent, denn amerikanisch sah hier nichts mehr aus und tausende Eindrücke und fremde Gerüche strömten auf einen ein. Letztendlich blieb nur wenig Zeit, um bei einer der vielen Fastfood-Restaurants ein preisgünstiges Essen zu finden und sich für den Abend fertig zu machen. Denn uns erwartete das Musical „Adams Family“ aus der gleichnamigen Fernsehsendung. Eine relativ flache Story wurde hier „auf den Brettern, die die Welt bedeuten“ zu einer dennoch hochkarätigen Darbietung, bei der man, egal ob nun Fan dieser halbtoten Familie oder nicht, auf jeden Fall auf seine Kosten kam!

"Lost River"

Bereits am nächsten Morgen mussten wir die Zimmer räumen und es blieben nur noch wenige Stunden, bevor wir wieder in den Bus nach Manchester stiegen. Auf der Fahrt wurden wir uns bewusst, dass sich unser Aufenthalt nur zu schnell zu Ende neigte.

Schwermütige und zugleich freudige Stimmung lag am Donnerstag vor unserer Abreise nach Deutschland in der Luft, denn es war der letzte Ausflug. Und am Tag darauf würde es der letzte Tag in der High School sein, denn am Samstag war Tag der Abreise. Bei diesem Gedanken wurde es dem ein oder anderen doch frostig ums Herz und frostig, das traf auch nur zu gut auf diesen Tag zu. Wir alle wussten, dass die White Mountains, also ein mächtiges und eindrucksvolles Gebirge anstand. Dass es jedoch so kalt sein würde, darauf war keiner der Gruppe vorbereitet. Mit schlotternden Zähnen kämpften wir uns durch Höhlen und Nischen auf dem Pfad „Lost River“. Nichts ahnend stiegen wir im Anschluss in eine Gondel, um den Ausblick über das ganze Gelände genießen zu können. Bis sich, oben angekommen, die Türen öffneten und uns gefühlte Minusgrade mitsamt einem peitschenden Wind entgegenschlugen. Nichts desto Trotz war der Ausblick malerisch.

Am Abend trafen sich alle Beteiligten, also Austauschschüler, Gastfamilien, Lehrer und Freunde des Programms, zu einem Abschiedsdinner. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sahen die meisten diesen Abend.

Sicher fragt ihr euch nun, warum ich noch nichts über die Gastfamilien erwähnt habe. Aber wie heißt es so schön? Das Beste kommt eben zum Schluss.

Bereits die Begrüßung war wie mit altbekannten Freunden. Die Verabschiedung, die von einer zweiten Familie.

Sicherlich kann ich hier nur über meine Erfahrungen schreiben, aber ich bin mir sicher, dass es den meisten sehr ähnlich erging. Der Schulalltag, die vielen tollen Ausflüge, die Städte und nicht zuletzt New York City waren unvergessliche Erlebnisse für mich. Und dennoch war das Schönste in den drei Wochen Amerika-Aufenthalt nichts von all diesen Dingen, sondern die Zeit in meiner Gastfamilie. Nicht die Fast-Food-Nation, sondern die amerikanische Mentalität, deren Gastfreundlichkeit, Offenheit und die Bemühungen, uns eine möglichst schöne Zeit zu machen, dass sind nun die ersten Dinge, an die ich denken muss, wenn ich an die USA und besonders an Manchester denke.

Alessa Metz, Chefredakteurin

Das könnte dich auch interessieren...