Schulleben

Besuch aus dem fernen China – ein eindrucksvolles Erlebnis

Dass sich Menschen, die ungefähr 10.000 Kilometer voneinander entfernt aufgewachsen sind, unterscheiden, das war uns allen klar, als wir uns bereiterklärten, bei dem Städte-Schüleraustausch Neustadt – Quanzhou teilzunehmen. Vielmehr ging und geht es darum, Gemeinsamkeiten zu entdecken und aus Unterschieden zu lernen.

Die Städtepartnerschaft Neustadt – Quanzhou besteht bereits seit 1995 und zuvor gab es bereits eine Partnerschaft des Landes Rheinland-Pfalz mit der Provinz Fujian im Südosten Chinas. Mit dem Jugendaustausch, der seit zwei Jahren zwischen den Städten aufgebaut wird, soll die Freundschaft auf eine ganz neue Art und Weise aufgefrischt werden. Diesen Sommer stand nach monatelanger Planung durch die Stadt Neustadt, Herrn Weigel und Frau Griesemer endlich der erste Deutschlandbesuch einer Schülergruppe an. Eine Gruppe mit Schülerinnen und Schülern aus dem Leibniz- und dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium hatte das den meisten unter uns so ferne Land bereits 2011 besucht.
Vom 16. bis zum 28.08.12, zwölf Tage, sollte der Aufenthalt für die fünfzehn chinesischen Schülerinnen und Schüler und ihre sechs erwachsenen Begleitpersonen dieses Mal andauern. Eine Zeit voller Kultureindrücke – und für manch einen auch eine Zeit des Kulturschocks.
Die Stadt Neustadt hatte sich für die Gäste ein straffes Programm überlegt, immerzu darum bemüht, unsere Kultur von der besten Seite zu zeigen. Am ersten Tag, nach mehr als 24 Stunden Anreise und nur wenigen Stunden Schlaf, machte sich die gesamte Gruppe auf, um Neustadt kennenzulernen. Auf eine kurze Begrüßung an der jeweiligen Schule folgte die Begrüßung im Rathaus durch den Oberbürgermeister Herrn Löffler, ein gemeinsames Mittagessen, eine Führung durch die Villa Böhm und eine ausgiebige Stadtführung. Ganz nach dem Motto „Wer rastet, der rostet!“, gab es nur wenig Zeit bis zum abschließenden Meistersingerkonzert im Saalbau.
Fragte man die chinesischen Schüler nun nach diesem ersten anstrengenden Tag, was ihnen am besten gefallen habe, wurde schnell deutlich, welche Welten aufeinander treffen. Es waren nicht die Aktivitäten, die am meisten beeindruckt hatten, obwohl auch diese meist sehr gefallen hatten. Es waren vielmehr die vielen kleinen, unerwarteten Eindrücke. „Die Luft ist so schön sauber!“, antwortete die erste Befragte und atmete tief ein. „Alles so ungewohnt aufgeräumt und sauber in den Straßen“, der zweite  – was natürlich nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, das Quanzhou eine 6-Millionen-Stadt ist. In der Innenstadt sehe man dort kaum den Himmel vor lauter Wolkenkratzern.

Auch in den darauffolgenden Tagen gab es keinen Anlass zur Langeweile. Nach dem Wochenende in den Familien folgten Städtebesichtigungen in Heidelberg, Straßbourg, Speyer und der Landeshauptstadt Mainz, in welcher sich sogar die Möglichkeit bot, den Landtag zu besichtigen und ein persönliches Treffen mit Kurt Beck wahrzunehmen.

Vor dem Landtag am 24.08.12
Die deutsch-chineische Gruppe vom Käthe-Kollwitz-Gymnasium vor dem Landtag am 24.08.12.

Natürlich war das nicht alles. Ein Vormittag in einer deutschen Schule gehörte genauso zum Programm wie die Besichtigung des für uns so bedeutungsvollen Hambacher Schlosses, welches für die Demokratiebewegung des 19. Jahrhunderts steht. Doch leider sprang der inspirierende Funke dieses geschichtsträchtigen Gebäudes nur bedingt auf unsere Freunde über: Erschöpft von den anstrengenden Tagen war die sehr detaillierte englische Führung und die deutschsprachige Ausstellung im Schloss für viele chinesische Schüler und  Erwachsene zu viel des Guten. Die Sprachbarriere schien in solchen Momenten plötzlich größer als zuvor und der ein oder andere begnügte sich währenddessen mit seinem Mobiltelefon.
Auf der menschlichen Ebene waren angesprochene Sprachschwierigkeiten dagegen schnell vergessen. Bei gemeinsamen Fußmärschen durch Städte und den Hambacher Wald sowie beim Schwimmen und dem darauffolgenden Grillabend mit den Familien entstanden tiefe Freundschaften. Anfänglich meist reserviert und schüchtern, entpuppten sich die Schülerinnen und Schüler als allesamt herzensgute und weltoffene Personen. Nach wenigen Tagen konnten einige von ihnen bereits erste Deutschkenntnisse vorweisen. Wissbegierig lernten aber auch wir viel über die chinesische Kultur.
Wir Deutsche staunten ironischer Weise nicht schlecht über beispielsweise die hohen schulischen Ansprüche, die den Schülern gestellt werden, um den Abschluss nach der zwölften Klasse zu erreichen. Ganztagsschulen von klein auf, in höheren Klassen sogar am Wochenende, gepaart mit einem unermesslichen Ehrgeiz führen in einem solch überbevölkerten Land wie China zu schulischem und daher beruflichen Erfolg, so erklärten die Schüler. Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist selbst der Unterricht an einem Freitagnachmittag um einiges leichter zu ertragen.
Am 27.08.12 ließen wir den Austausch mit einem kreativen bunten Abend ausklingen. Bei Fleischkäse und Salaten konnten alle Beteiligten und Interessierten zahlreiche Darbietungen von deutschen, chinesischen und gemischten Gruppen verfolgen und belauschen.

 

Traditionelle Tanzkunst am bunten Abend.

Ein Austausch ins Leben zu rufen und ein Programm zu erstellen, das ist harte Arbeit und es dabei allen Beteiligten recht zu  machen, das ist nahezu unmöglich. Wie bereits erwähnt, sind es die vielen kleinen Dinge, die persönlichen Gespräche, die einen solchen Austausch zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Dass dies uns gut gelungen ist, wurde spätestens bei der tränenreichen Verabschiedung deutlich.
Ich freue mich, die Möglichkeit zu haben, an diesem Austausch teilzunehmen, der für mich sonst vielleicht für immer verschlossene Türen in eine andere Kultur öffnet. Für Deutsche scheint diese oft schwer nachvollziehbar. Aber ich habe in diesen beiden Wochen eines gelernt, nämlich das Schwarz-Weiß-Denken hier nicht funktioniert. Ich bin gespannt, was mich im nächsten Sommer in Quanzhou erwartet und werde natürlich darüber berichten.

 

Alessa Metz, Jgs. 12

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