Debatte Schulleben

Abistreich am Käthe: harmloser Spaß oder grenzüberschreitende Kritik?

Das Transparent, so wie es am Dienstag im ersten Stock zu sehen war. Zensiert wurden die Lehrerkürzel und eine Lehrkraft. (Foto: WAG)

Am 25. März 2025 fand bei uns am Käthe der diesjährige Abistreich statt – ein Ereignis, das jedes Jahr mit Spannung erwartet wird und traditionell in deutschen Schulen von den Abiturientinnen und Abiturienten organisiert wird. Neben den üblichen Streichen und kreativen Einlagen sorgte in diesem Jahr insbesondere ein von den Abiturienten angebrachtes „Ranking“ neben dem Lehrerzimmer für erhitzte Gemüter in der Schulgemeinschaft.

Das umstrittene Transparent

Das „Ranking“ war auf eine große, mit Spraydosen beschriebene Plastikfolie aufgebracht worden. Sie hing prominent im ersten Stock neben dem Lehrerzimmer und zeigte die Überschrift „Hervorragende Spezialisten“ – wobei die Anfangsbuchstaben „H“ und „S“ auffällig gelb hervorgehoben wurden. Die Interpretation als abwertende Abkürzung blieb nicht aus. Zudem wurde ein roter Galgen aus dem Fundus der Fachschaft Darstellendes Spiel mit einem gemalten Pfeil auf die Tür des Lehrerzimmers direkt neben das Transparent gestellt.

Das Ranking listete vier Lehrerkürzel in absteigender Reihenfolge auf. Diese waren augenscheinlich zumindest von den Verfassern als die unbeliebtesten Lehrkräfte der Schule eingestuft worden.

Absolut unverständlich: In einem Fall war aber auch eine Lehrkraft auf das Transparent gelangt, die gar keine Kurse in diesem Jahrgang unterrichtet hatte. Augenscheinlich sei es darum gegangen, dass sich besagte Lehrkraft bei der vorangegangen Mottowoche auf Wunsch ihrer Klasse beschwert habe, dass die Klasse für eine Überprüfung Ruhe benötige.

Berichten zufolge hatte es schon hier in der Stufe eine Diskussion um die Art und Weise der Kritik gegeben. In den Stunden nach der Enthüllung wurde dann das Transparent durch eine Lehrkraft entfernt. Dennoch sorgte es für Gesprächsstoff, sowohl unter der Schülerschaft als auch innerhalb des Lehrerkollegiums.

Reaktionen der Schülerschaft und Lehrerschaft

Die Meinung innerhalb der Schülerschaft ist gespalten: Während viele Schülerinnen und Schüler das Ranking als „ehrlich“ und „mutig“, aber vor allem als eine Art Ventil für die Unzufriedenheit sehen, äußerten sich genauso viele Schüler kritisch über die Art und Weise, wie es dargestellt wurde. „Der Galgen und die beleidigende Abkürzung gehen zu weit.“, sagte uns ein Schüler der Oberstufe. „Aber es ist kein Geheimnis, dass manche genannten Lehrkräfte nicht gerade beliebt sind. Das Ranking war keine Überraschung – die Darstellung schon.“ Eine andere Schülerin merkte an: „Man muss sich doch fragen, warum bestimmte Lehrer immer wieder die Zielscheibe solcher Aktionen werden. Das kommt ja nicht von ungefähr.“

Viele Lehrkräfte reagierten naturgemäß verstimmt auf die Aktion: „Es ist klar, dass man nach dem Abitur auch Dinge loswerden will; Kritik ist wichtig und richtig, auch im Sinne, dass man als Lehrkraft sein eigenes Tun reflektiert; doch das darf nicht auf eine solche Art und Weise erfolgen“, äußert eine Lehrkraft.

Laut Aussagen vieler Schülerinnen und Schüler steht insbesondere eine Lehrkraft seit Jahren in der Kritik. Anonymen Berichten aus der Schülerschaft zufolge habe es mehrere Vorfälle gegeben, die die ablehnende Haltung erklären könnten. Unter anderem wird von einem äußerst restriktiven und wenig schülerfreundlichen Unterrichtsstil berichtet, dessen Aspekte vielfältig seien. Ein Schüler kommentierte anonym: „Die Person mag fachlich in dem, was sie lehrt, zwar kompetent sein, aber der Unterrichtsstil ist nicht zugänglich erklärt und viel zu schwer. Auch wirken der Unterricht sowie die Person auf viele einschüchternd, gerade bei jüngeren Schülern. Viele haben Angst, Fragen zu stellen, geschweige denn Kritik zu äußern. Das ist vielleicht ein gewisser Unterrichtssstil, aber das kann dann zu so einem Ranking führen.“

Wie weit darf Schülerkritik gehen?

Ein Großteil der Abiturientinnen und Abiturienten sieht das Ganze als Grenzüberschreitung und einige der Verursacher sind, vermittelt durch Herrn Vogt, bereits auf die genannten Lehrkräfte zugegangen; andere erachten eine Entschuldigung für unnötig und beziehen sich auf das aus ihrer Sicht erlittene Unrecht.

Die zentrale Frage, die sich aus dieser Debatte ergibt, ist: Wo endet legitime Kritik und wo beginnt unangebrachte Diffamierung? Kritik an Unterrichtsstilen und Lehrmethoden ist Teil eines offenen Diskurses und sollte möglich sein. Ein Schüler merkt hierzu passend an: „Neben Betroffenheit sollte eine natürliche Reaktion jeder Lehrkraft sein, zu reflektieren, warum man auf ein solches Ranking kommt. Doch leider passiert dies im Falle mancher Lehrkräfte augenscheinlich – warum auch immer – nicht, weswegen diese auch seit Jahren wiederholt in Abizeitungen kritisiert werden. Eine gute Lehrkraft sollte nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch auf die Meinungen der Schülerinnen und Schüler hören und kritikfähig sein.“

Die öffentliche Bloßstellung einzelner Lehrkräfte hingegen wirft ethische und rechtliche Fragen auf: Die Symbolik eines Galgens und die explizite Hervorhebung von Buchstaben im Sinne eines Schimpfwortes  überschreiten aus Sicht vieler eine Grenze; zumal dies keine Kritik an der Person und dem Unterricht selbst ist, sondern eine klare Schmähung darstellt.

Diese Kontroverse zeigt, wie tief die Unzufriedenheit mit bestimmten Lehrkräften ist, aber auch, dass der Weg der Kritik sorgfältig gewählt sein sollte.

Denn ob solche Aktionen  die Schulatmosphäre verbessern, ist fraglich. Sicher ist jedoch: Dieser Abistreich hat seine Spuren hinterlassen.

Ruben Wagner (12. Jgs.)

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