KÜHN HAT ZU TUN

In den letzten Wochen haben wir uns im Deutschgrundkurs der 12. Klasse von Frau Koböck mit dem Kriminalroman ,,KÜHN HAT ZU TUN“ von Jan Weiler beschäftigt. Die Hauptfigur ist ein sonderbarer Kommissar, der mit vielen persönlichen Problemen zu kämpfen hat. Als kreative Aufgabe haben wir als Kurs nun die Aufgabe bekommen, einen Text zu verfassen, in dem wir uns eine/n Kommissar/Kommissarin ausdenken durften und diesen und seine Wohnung beschreiben sollten.

„Mord oder Totschlag?“

Kommissar Theo Haase stand am Küchenfenster seiner Wohnung. Nachdenklich blickte er in den schäbigen Hinterhof des Häuserblocks, in dem er wohnte. Schon komisch, wie das Leben manchmal läuft…. Noch vor einem Jahr hatte er mit seiner Freundin in einem angesehenen Stadtteil Berlins gewohnt, in dem jedes Haus seinen eigenen Vor – und Hintergarten und eine Garage hatte und mindestens jedes zweite Haus hatte einen Wintergarten und einen Pool.
Tja, das war lang her und seine Freundin hatte sich mittlerweile von ihm getrennt. Sie warf ihm vor, er unterstütze sie nicht genug in ihrer Modelkarriere und wäre zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Besonders traurig war Theo darüber nicht gewesen, sie ging ihm sowieso immer mehr auf die Nerven mit ihrem Gefasel über Make-Up und Schönheits-OPs. Das war nicht seine Welt. Um das schöne Haus war es schade, aber da sie es von ihren Eltern geerbt hatte, musste er wohl oder übel ausziehen. Jetzt dachte er, dass es gar nicht so schlimm sei, es war eh nicht seine Art, sich ins gemachte Nest zu setzen, ohne was dafür getan zu haben. Nach der Trennung schlief Theo bis auf Weiteres im Büro, da er auf die Schnelle nichts Neues fand, Berlin eben. Es war eine ungemütliche Zeit, dort wo tagsüber Morde, Entführungen und Vergewaltigungen aufgeklärt wurden, sollte er nachts ruhig schlafen? Vor allem, wenn noch die Tafeln von den jeweiligen Fällen, voller Fotos des Opfers hingen, bekam er kein Auge zu. Das war auch der Grund, warum Theo Haase sofort zusagte, als die Maklerin anrief. Eine Woche später zog er in die Wohnung ein. Jetzt stand er in seiner Küche, mit einer Tasse Kaffee in der Hand und schaute aus dem Fenster. Er hatte Glück gehabt, eine Wohnung so nah am Büro gefunden zu haben, das Viertel war jedoch eines derjenigen, aus dem jeder zweite Notrufe bei der Polizei einging. Schlägereien, Diebstahl und Ruhestörung waren hier Programm. Aber Haase war ja kaum zuhause. Er schaute auf die Uhr, Mist, er würde zu spät kommen. Schnell trank er den letzten Schluck Kaffee aus und nahm die Jacke von der Garderobe. Vor lauter Hektik riss er dabei den Haken aus der Wand. Er stöhnte genervt auf, nicht schon wieder, dachte er. Den habe ich doch erst vor drei Tagen wieder an die Wand gehängt… Die Wände des Hauses waren alt und marode, kein Nagel hielt darin wirklich gut. Theo schmiss den Haken zu den anderen zweien auf die Kommode und nahm sich vor, nach Feierabend im Baumarkt vorbeizugehen, um selbstklebende Haken zu kaufen. Vielleicht würden die ja halten.
Als er im Büro ankam, herrschte Trubel. Er sah seine Kollegin Jana Meierling und ging zu ihr. „Was ist denn hier los?“, fragte er. „Da bist du ja endlich, bist spät dran heute.“, erwiderte sie. „Ein Einbruch mit Todesfolge in der Redaktion des Berliner Tagesspiegel. Der Journalist Mike Winter wurde brutal umgebracht. Wir sollen gleich hinfahren und den Chefredakteur und weitere Kollegen befragen.“ Theo stockte. Er kannte Mike Winter, sie hatten früher zusammen Fußball gespielt und waren lange Zeit ziemlich gut befreundet gewesen. Und jetzt war er tot… Theo schluckte kurz, fasste sich dann aber wieder. Er musste professionell bleiben, es war schließlich sein Job. „War denn die Spurensicherung schon da und kann uns erste Ergebnisse mitteilen?“, wandte er sich nun wieder an Jana. Sie deutete auf einen großen runden Tisch, an dem sich einige der Kollegen versammelt hatten und sich gespannt über ihn beugten. Als Theo zu ihnen stieß, machten sie ihm sofort Platz, sodass er auch einen Blick auf die Fotos und Beweisstücke vom Tatort werfen konnte. Da lagen, in kleinen Plastiktüten verpackt, das Handy und die Geldbörse des Opfers, außerdem Bilder von Winter und seinem Schreibtisch und Bilder von der eingeschlagenen Tür der Redaktion.

Nichts, was Theo nicht schon gesehen hätte. Und doch nahm ihn der Anblick des übel hingerichteten Journalisten ziemlich mit. Vielleicht sollte er sofort sagen, dass er das Opfer persönlich kannte und deswegen befangen war, aber er entschied sich dagegen. Er war doch ein angesehener und sehr guter Kommissar, mit einer Aufklärungsquote von fast 100%. Wenn er jetzt wegen einer persönlichen Befindlichkeit einen Rückzieher machte, würde er womöglich seinen seriösen und professionellen Ruf verlieren. „Was haben wir?“, fragte er nun in die Runde. „Bislang wissen wir nur, dass der Täter die Eingangstür gewaltsam aufgebrochen hat und dann sämtliche Akten und Schränke der Redaktion durchwühlt hat. Er war wohl auf der Suche nach etwas und wir gehen davon aus, dass Mike Winter ihn dabei überrascht hat.“, berichtete ein Kollege. „Gibt es Zeugen?“ „Nein, der Chefredakteur kam als erstes ins Büro heute Morgen und hat den Tatort so vorgefunden.“
Theo Haase wandte sich ab und griff nach dem Autoschlüssel für den Dienstwagen. „Na dann werde ich mir mal selbst ein Bild von der Lage verschaffen. Falls es Überwachungsvideos gibt, dann kümmern sie sich bitte darum, ja?“ Der Kollege nickte.
Als Theo abends nach Hause ging, drehten sich seine Gedanken nur um den Fall. Sie hatten keine wirklich aufschlussreichen Infos von Mitarbeitern des Berliner Tagessspiegels bekommen und Überwachungsvideos gab es keine, die die Tat hätten aufzeichnen können. Morgen würden sie zu Winters Frau fahren, um sie zu befragen. Vielleicht erfuhren sie von ihr mehr. Hatte ihr Mann Feinde, hat er sich in den letzten Tagen anders verhalten als sonst, warum war er so spät noch im Büro… Es waren einige Fragen, die noch offenstanden.
Als der Kommissar vor dem mehrstöckigen Häuserblock, in dem seine Wohnung lag, stand, kramte er seine Schlüssel aus der Tasche und trat in den dunklen, nach kaltem Zigarettenrauch stinkenden Hausflur. Er wohnte im vierten von sieben Stockwerken, wodurch er sowohl von unten, als auch von oben ständig die Nachbarn hörte. Theo hoffte, dass er bald etwas anderes finden würde, deswegen hatte er seine Wohnung auch nicht zu Ende eingerichtet. Er hatte kaum Bilder aufgehangen, da ja in der Wand sowieso nichts hielt, und die Räume waren spärlich eingerichtet. Er lebte eher minimalistisch und hielt nichts von elegantem, protzigem Interieur. Auch wenn er es sich hätte leisten können. Vielleicht fehlte der gewisse weibliche, liebevolle und detailverliebte Touch. Wie auch immer, Theo legte keinen Wert darauf, sich die Wohnung besonders gemütlich einzurichten. Hauptsache er hatte seine Ruhe von dem beruflichen Stress und konnte abschalten. Und wenn kaum was rumsteht, was staubig werden kann, dann muss man auch nicht ständig staubwischen. Ordnung herrschte aber eigentlich immer, da war Theo sehr penibel. Außer in seiner Garderobe. Verdammt, dachte er, ich habe die Haken vergessen, vielleicht tuts ja auch Tesafilm. Zumindest übergangsweise. Er ging in seine Küche und zog die Schublade auf, in der er all die Dinge aufbewahrte, die man ab und zu zum Heimwerken brauchte. Es hatte alles seinen Platz, das Tesafilm lag neben der Schere, die Schere neben den Reißzwecken und neben den Reißzwecken lagen kleinere Schraubenzieher und Inbusschlüssel.
Nachdem die Haken notdürftig angebracht waren, nahm sich Theo ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich auf das Sofa. Er war selten in Gesellschaft. Obwohl er erst Mitte 30, groß und gut gebaut war und es genug Frauen gab, die ihm gerne abends Gesellschaft leisten würden, hatte er nicht das Bedürfnis danach. Außerdem wollte er nicht gerne Gäste in seiner Wohnung empfangen, weder die Gegend noch seine Wohnung waren einladend.
Da im Fernsehen nichts lief, was ihn interessierte (er konnte abends nicht noch einen Krimi schauen) ging er früh ins Bett. Er lag jedoch wieder lange wach, da sich in der Wohnung über ihm mal wieder ein Ehepaar lautstark stritt.

To be continued….

Inga Wittenberg (12. Jgs.)

Kommissarin Ebert

Sie sitzt in der Nische am Fenster ihres Stammkaffees und klappt den Laptop zu. Für heute hat die Kommissarin alles erledigt und zieht ihre Jacke vom alten Holzstuhl, auf dem sie sitzt. Als sie auf dem Weg nach draußen ihre Kaffeetasse am Tresen abstellt, schenkt sie der Mitarbeiterin ein Lächeln, welche Frau Ebert einen schönen Abend wünscht. Beide wissen, dass es morgen bereits ein Wiedersehen geben wird. Trotzdem vermisst die Kommissarin ihren Platz jetzt schon und sie freut sich, hierher zurück zu kommen. Als sie aus dem Café tritt, erfasst sie ein Schauder, den sie am ganzen Körper zu spüren bekommt und der eine Gänsehaut an ihren Armen verursacht. Es ist Mittwochnachmittag und angenehme 24 Grad in der Innenstadt von Berlin. Sie trägt ihr Mittwochs- outfit, welches aus einer Jeans, einem lockeren, weißen T-Shirt und einer Lederjacke besteht. Natürlich ist es viel zu warm, aber der Wetterbericht letzten Sonntag hat das anders vorhergesagt und danach hatte sich die Kommissarin im Bereitlegen ihrer Outfits gerichtet. Außerdem ist das Outfit eines ihrer Lieblinge, das sie meistens für Mittwoche oder Samstage wählt. Sie fühlt sich besonders wohl und kann in der Kleidung bequem den längeren Weg nach Hause gehen. Mittlerweile ist sie bereits an der Kreuzung vorbei, welche direkt zu ihrem Haus führt. Nun muss sie nur noch an dem Blumenladen, ihrer alten Bleibe und den großen Mülltonnen vorbei. Für Frau Ebert ist das die perfekte Beschreibung eines Horrorweges. Die Straßenseite zu wechseln geht nicht, das hätte sie sich früher überlegen müssen, als sie das erste Mal diese Route gegangen ist. Es war vor 17 Jahren und sie hatte ihren ersten Arbeitstag als Kommissarin absolviert. All die Dinge, die sie gesehen, erfahren und sagen musste, sorgen in ihrem Kopf für eine Kontrolllosigkeit. In diesem Gewirr ihrer Gedanken, wählte sie an jenem Mittwoch diese Straßenseite und seitdem geht sie hier lang. Mittlerweile steigt ihr schon der extrem unangenehme und penetrante Geruch der frischen Blumen aus dem Blumenladen entgegen. Sie vermeidet es, einen Blick in den Laden zu werfen, dennoch schwenkt er manchmal durch das Schaufenster. Diesmal trifft ihr Blick auf den Boden hinter dem Tresen. Die Kommissarin sieht all den Grünschnitt und die Erde, die sich am Boden sammelt. Der Anblick dieses Haufens bringt in der Kommissarin ein Gefühl des Unwohlseins hervor, das sich im Laufe der nächsten Minuten verstärken wird. Sie sieht bereits die Eingangstür des Heimes in dem sie vier Jahre lebte. Sie wurde in dem Heim keinesfalls schlecht behandelt oder Menschen wollten ihr Böses, aber sie hat hier auf ihre eigene Art gelitten. Sie war Teil dieser Gruppe und gewisse Empfindungen und Empfindlichkeiten gingen dabei einfach unter. Sie hasste es, wenn sie nicht auf ihrem Platz sitzen durfte und die anderen Kinder ihre Stifte oder Kopfhörer nahmen und nicht an ihre Stelle zurückstellten. Sie hat hier aber auch gelernt und vor allem von den Erziehern abgeschaut, wie ein Tag angenehm vorbei geht. Die festen Zeiten beim Essen, Schlafen und immer dieselben Menschen um sie herum zeigten ihr, dass man so jeden Tag, einen nach dem anderen, zu Ende bringen kann. Dieses Muster hat sich die Kommissarin als Vorbild genommen und perfektioniert. Seitdem sie ausgezogen ist, wendet sie es an und hat es geschafft, nicht nur den Tag, sondern mehrere Jahre, erfolgreich zu überleben und zu Ende zu bringen. Am Ende der Straße kann sie bereits den Friedhof erkennen, mit seinem großen Eingangstor. Bevor sie durchgehen kann, muss die Kommissarin noch an den Mülltonnen vorbei. Wie kann das andere Menschen nicht stören, fragt sie sich jedes Mal. Der Geruch, der Anblick, diese Unordnung, die der Haufen von Müll in sich hat. Der Anblick lässt die Kommissarin immer wieder verzweifeln und erzeugt in ihr das Gefühl der Flucht, um der Situation zu entkommen. Ihr Schritt wird deutlich langsamer, je näher sie dem Tor kommt, und nachdem sie es passiert hat, schleicht sie förmlich den Weg entlang. Sie weiß genau, wie viele Schritte es noch sind, bis sie da ist und obwohl sich unmöglich etwas verändert haben kann seit Samstag, ist sie aufgeregt. Sie kann den Grabstein bereits sehen und die Aufschrift ,,Frau Ebert´´ lesen. Je näher sie kommt, umso mehr kann sie erkennen. Die kleine Grabkerze hat sie mit einem elektrischen Teelicht versehen und sie fängt immer um 18:30 Uhr an zu leuchten. Neben dem Teelicht steht ein Blumengesteck mit roten Rosen, der Lieblingsfarbe ihrer Mutter. Die Farbe hat die Kommissarin lange gestört und jedes Mal erinnerte sie sie wieder an den blutüberströmten Körper ihrer Mutter. Direkt vor dem Grabstein steht ein kleiner, weißer Schutzengel und die Kommissarin wundert sich, wer ihn dahingestellt hat. Sie hat zu niemandem mehr Kontakt aus ihrer Kindheit und das ist auch gut so. Sie hat keinen Platz und keine Zeit in ihrer Woche für neue Kontakte. Der Schutzengel hätte ihrer Mutter auch nicht helfen können. Es war weder ein Unfall, noch Pech, dass ihre Mutter jetzt tot ist. Es war die bloße Willkür einer Person, die entschied, das Leben einer jungen Mutter zu beenden. Doch die Kommissarin möchte darüber jetzt nicht nachdenken. Sie zieht den Rechen hinter dem Grab hervor und harkt um das Grab herum, sie gießt die Pflanze und fegt die zwei Blätter, die auf dem Grab lagen, runter. Sie haben die Kommissarin schon die ganze Zeit gestört. Als sie den Besen abstellt, geht das Teelicht an und Frau Ebert verlässt den Friedhof, sie wird am Samstag wieder hier sein. Der Weg nach Hause geht eine kleine Gasse entlang. Links und rechts sind Wohnungstüren oder Eingänge zu Mehrfamilienhäusern und Wohnblocks und die Abendsonne scheint in ihr Gesicht. Die Sonnenstrahlen werden von den Autoscheiben reflektiert und scheinen auf die Hauswände und sorgen für einen golden Schimmer. Bis zu ihrer Haustür lässt die Kommissarin alle ihre Gedanken einfach vorbeiziehen, sie verfolgt keinen von ihnen und versucht ihnen so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu schenken. Als sie ihren Schlüssel ins Schloss stecken will, öffnet sich die Tür bereits. Aus dem Flur ihres Wohnhauses tritt ihre Nachbarin Inge und begrüßt sie freudig. Inge und Frau Ebert kennen sich schon länger und Inge weiß, dass die Kommissarin nicht offen für ein spontanes Gespräch im Flur ist. Inge hat eine Weile gebraucht um zu begreifen, dass es nichts mit ihr zu tun hat und mittlerweile hat Inge einen festen Platz in Frau Eberts Woche. Sie würden sich erst nächsten Montag richtig austauschen können, aber Frau Ebert freute sich schon drauf. Was wird sie wohl am Montag tragen? Der Gedanke verunsichert sie und sie schenkt Inge nur ein kurzes Lächeln. Nachdem die Kommissarin die Tür geschlossen hat, nimmt sie die Treppe in den ersten Stock. Keine Kurven, sie hat eine klare Sicht auf die Strecke, die bis zu ihrer Wohnung vor ihr liegt. Lange hat die Kommissarin nach der „perfekten „ Wohnung gesucht. Ein schwarzer Fußabtreter liegt vor ihrer Tür und eine Sonnenblume aus Plastik schmückt ihre Tür. Alle ihre Nachbarn hatten eine Art von Türschmuck und Frau Ebert hat sich vor 2 Jahren auch dazu entschlossen. Nach dem Eintreten in ihre Wohnung zieht sie ihre Schuhe aus und stellt sie in einen kleinen Schuhschrank, direkt unter der Garderobe. Es war schwer etwas zu finden, worin alles seine perfekte Ordnung hat. Beim Blick in ihren Schuhschrank fallen ihr sofort ihre Arbeitsschuhe ins Auge. Morgen früh um 7 werden sie und ihre Schuhe wieder in Bereitschaft stehen. Vor ihr eröffnet sich ein langer Gang, von dem jeweils links und rechts zwei Türen abgehen. Die Räume sind klar voneinander getrennt und sie werden nur durch den Flur verbunden. Die Kommissarin geht zunächst in die Küche, morgen wird sie hier Staub wischen. Anfangs musste sie täglich Staub wischen, mittlerweile reicht es ihr, es nur dreimal in der Woche zu machen. Eine Obstschale oder offene Schränke findet man hier nicht. Alles hat seine klare Ordnung und befindet sich immer an Ort und Stelle. Einen Geschirrspüler besitzt sie nicht. Das Gefühl von dreckigem Geschirr, das den Tag oder womöglich die ganze Nacht über in ihrer Wohnung steht, kann sie nicht ertragen. Was sie heute Abend essen wird, weiß sie bereits. Trotzdem schaut sie auf ihrem Plan am Kühlschrank. Dabei fällt ihr auf, dass sie am Freitag ihre Tür-Deko abhängen wird, um sie durch eine herbstliche zu ersetzen. Freitag ist Herbstbeginn, so steht es im Plan. Gegenüber von der Küche ist das Bad, mit einem kleinen Fenster. Die Kommissarin duscht hier jeden Tag, aber Shampooflaschen sucht man vergebens, genauso wie andere Hygieneprodukte. Öffnet man den Schrank unter dem Waschbecken, kann man hier in einzelnen Schachteln Zahnpasta, Zahnbürste, Haarbürste und auch Shampoo finden. Handtücher benutzt die Kommissarin nur einmal und wäscht diese sofort nach der Benutzung direkt mit den getragenen Sachen des Tages. Am rechten Ende des Flurs befindet sich das Wohnzimmer, mit einem kleinen Balkon. Auch der Ausblick hat dazu beigetragen, dass Frau Ebert diese Wohnung gewählt hat. Sie wollte nicht auf einen Platz mit Menschen, einen Hof oder die Straße schauen. Alles würde sie daran erinnern, wozu diese Menschen fähig sind und sie würde verzweifeln. Der Balkon ragt über eine Rasenfläche und man kann von ihm auf die Bahnschienen blicken. Hier fahren ausschließlich Güterzüge. Was für viele ein Makel an der Wohnung ist, ist für die Kommissarin eine Erlösung. Im Gegensatz zum Personenverkehr sind die Güterzüge pünktlich und fahren jeden Tag in einem bestimmten Muster an ihrem Fenster vorbei. Ihr Wohnzimmer gilt für viele als spärlich und ungemütlich, aber die Kommissarin findet es perfekt. Sie hat auf ein Sofa und auch auf Bilder an der Wand verzichtet. Das sind nur Staubfänger und auch Pflanzen findet man nicht. Es gibt aber einen Fernseher, einen Schrank gefüllt mit Büchern, CDs und Filmen, genauso wie einen kleinen Tisch mit einem Sessel. Die Kommissarin hat aber keine Lust auf Sitzen und noch weniger auf Essen, obwohl es eigentlich schon längst Zeit dafür wäre. Die Kommissarin geht in ihr Schlafzimmer und setzt sich auf ihr Bett. Auf einen Teppich hat sie verzichtet, nur ein Kleiderschrank und Nachtschrank füllen das Zimmer. Der Blick der Frau ist starr auf das Fenster in ihrem Schlafzimmer gerichtet und sie weiß, sie muss etwas unternehmen oder es fällt alles auseinander. Sie geht in den Flur, wählt ihre Sportschuhe und geht an der Ausgangstür vorbei in den Keller. Sie trägt immer noch Jeans und T-Shirt, aber zum Umziehen war keine Zeit mehr. Sie öffnet die Tür mit der Aufschrift ,,Ebert´´. In dem Raum befindet sich im hinteren Eck ein kleiner Tisch mit einem Stuhl davor. Auf ihm liegen ein Notizheft mit Stift und zwei Boxhandschuhe. In der Mitte des Raumes hängt ein Boxsack. Die Kommissarin stürmt auf die Handschuhe zu und fängt an zu boxen. Sie hat hier unten keine Uhr, aber sie bleibt lange hier. Erst als sie keine Kraft mehr hat, lässt sie sich auf dem Stuhl fallen und öffnet ihr Notizbuch. Die Kommissarin schreibt all die Fragen und Gedanken, die sie seit dem Besuch am Grab hat, in ihr Buch. Sie wird Zeit zum Nachdenken in ihren Kalender für nächste Woche eintragen. Die Kommissarin geht anschließend wieder nach oben und schaut auf die Uhr. Es ist mittlerweile acht und damit Zeit für eine Dusche. Am nächsten Morgen wacht sie um sechs Uhr auf und richtet sich für den Tag. Sie putzt ihre Zähne, zwingt ihre braunen, schulterlangen Locken in einen Pferdeschwanz und trägt Mascara auf. Danach geht sie in die Küche und trinkt ihren Kaffee, isst ihren Joghurt und einen halben Apfel. Die andere Hälfte wirft sie weg und wäscht ihr Geschirr ab. Um 7:00 Uhr sitzt sie an ihrem Küchentisch, ihr Handy liegt vor ihr. Die Kommissarin ist bereit für ihren Einsatz. Ihr Blick fällt auf die einzige Sache in ihrer Wohnung, die sie aufgehängt hat. Es ist eine Urkunde, die sie erhalten hat, als sie ein besonders schweres Verbrechen aufgeklärt hat und damit ein Monster von den Straßen geholt hat. Sie hat den Todestag des Opfers mehrere Wochen lang nachstellen lassen. Sie musste alle Strukturen (auch wenn sie nicht für jeden als Struktur zu sehen sind) verstehen. Jeder hat irgendwelche Strukturen und wenn man diese findet, sagen sie eine Menge über eine Person aus. Nicht bei allem, was sie gemacht hat, hatte sie eine rechtliche Grundlage, aber das spielte glücklicherweise keine Rolle mehr, sobald sie den Täter gefunden hatte.

Um 7:10 Uhr klingelt das Telefon der Kommissarin und in Gedanken zieht sie schon ihre Arbeitsschuhe an. Sie wird alles dafür tun, damit Monster, die Menschen Freunde, Familie oder Liebste nehmen, nicht mehr auf der Straße herumlaufen. Dabei muss sie das schrecklichste noch finden…. Und sie sieht wieder die Blätter auf dem Grab vor sich.

Mirijam Böhme (12. Jgs.)

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